Geburtshilfe Frauenheilkd 2014; 74 - A4
DOI: 10.1055/s-0034-1376464

Einflussfaktoren auf die Posttraumatische Reifung bei Patientinnen mit Mammakarzinom

U Berndt 2, Y Gottschlik 1, B Leplow 2, C Thomssen 2
  • 1Institut für Psychologie, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg,
  • 2Klinik und Poliklinik für Gynäkologie, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

Fragestellung:

Traumatische Erlebnisse wie eine potenziell lebensbedrohende Erkrankung erfordern eine große Anpassungsleistung der Betroffenen. Der Fokus der Traumaforschung lag lange Zeit auf dysfunktionalen Verarbeitungsprozessen wie z.B. Angst und Depression. Ein Teil der Patientinnen berichtet jedoch auch von positiven Erfahrungen, welche mit der Bewältigung der Erkrankung in Verbindung gebracht werden. Unter dem Begriff Posttraumatische Reifung (PTR) werden unterschiedliche subjektive Erfahrungen positiver Veränderung nach einem traumatischen Erlebnis zusammengefasst.

Diese Studie untersucht Einflussfaktoren auf PTR im Zusammenhang mit einem Mammakarzinom. Der Schwerpunkt liegt hierbei auf relativ stabilen Personenmerkmalen, die bereits vor dem traumatischen Ereignis ausgeprägt sind (Resilienz, Optimismus, Selbstwirksamkeit) und auf positiven Emotionen.

Methodik:

Es wurden 64 Patientinnen mit Mammakarzinom und 61 gynäkologische Patientinnen mit einer nicht-onkologischen Operation (Kontrollgruppe) untersucht. Die Datenerhebung erfolgte sechs Monate nach dem ambulanten bzw. stationären Klinikaufenthalt durch eine postalische Befragung. Zur Erfassung der wahrgenommenen Posttraumatischen Reifung sowie der Variablen Resilienz, Selbstwirksamkeit, Optimismus und Positive Emotionen wurden validierte und standardisierte Messinstrumente verwendet.

Ergebnisse:

Zwischen den Mammakarzinompatientinnen und der Kontrollgruppe zeigte sich ein signifikanter Mittelwertunterschied bezüglich Posttraumatischer Reifung (p < 0,05) zugunsten der Patientinnen mit Brustkrebs. Diese zeigten im Vergleich zur Kontrollgruppe ein höheres Ausmaß an posttraumatischer Reifung im Hinblick auf die Faktoren Intensivierung persönlicher Beziehungen (p < 0,01), Wertschätzung des Lebens (p < 0,01) und Bewusstwerden persönlicher Stärken (p < 0,05). Posttraumatische Reifung korrelierte bei Patientinnen mit Mammakarzinom positiv mit Resilienz (r = 0,60, p < 0,01), Optimismus (r = 0,36, p < 0,01), Selbstwirksamkeit (r = 0,49, p < 0,01) und positiven Emotionen (r = 0,61, p < 0,01). Als signifikante Prädiktoren für PTR wurden Resilienz (36% Varianzaufklärung, p < 0,001) und positive Emotionen (38% Varianzaufklärung, p < 0,001) ermittelt.

Schlussfolgerungen:

Positive Emotionen und Resilienz sind wesentliche Einflussgrößen auf die Posttraumatische Reifung nach einer Brustkrebserkrankung. Es ist denkbar, dass psychoonkologische Interventionen, welche diese beiden Faktoren unterstützen, den Prozess der posttraumatischen Reifung fördern könnten und damit zu einer Verbesserung der psychischen Gesundheit und der Lebensqualität der Patientinnen beitragen.