Geburtshilfe Frauenheilkd 2014; 74 - A3
DOI: 10.1055/s-0034-1376463

Adipositas und Geburtshilfe – 194 kg schwere 26-jährige Erstgravida (BMI 63,35)

M Hübner 1, C Linke 1, W Groß 1
  • 1Frauenklinik, SRH Wald-Klinikum Gera

Fragestellung/Einführung:

Adipositas nimmt zu und gilt auch in der Geburtshilfe als Risikofaktor, z.B. für (schwangerschaftsinduzierte) Hypertonie, Gestationsdiabetes, Präeklampsie und Thrombembolien, außerdem ist die Sectiorate erhöht. Zur Entbindung muss ein erhöhtes Risiko für Schulterdystokie beachtet werden wie auch eine mögliche Gewichtsdiskrepanz des Schätzgewichtes bei eingeschränkten Schallbedingungen.

Mit einer intensivierten Betreuung während der Schwangerschaft kann aber Komplikationen frühzeitig vorgebeugt werden und am Ende eine zurückhaltende Geburtsleitung sowie primär vaginale Entbindung angestrebt werden.

Dafür steht exemplarisch eine 194 kg schwere 26-jährige Erstgravida (BMI 63,35).

Methodik:

Die vorzustellende Patientin mit einer essentiellen Hypertonie und positiver Familienanamnese (Mutter: Hypertonie, Adipositas) wurde in der 9. SSW auf ASS 100 und wegen der Hochrisikoschwangerschaft auf Clexane 100 eingestellt. Zudem wurden Kompressionsstrümpfe verordnet. Im Verlauf blieben bei der engmaschig überwachten Patientin die Entwicklung der Schwangerschaft und die Blutdruckwerte bis zur 40+4 SSW unauffällig, abgesehen von einer vaginalen Blutung im 1. Trimenon. Ein Gestationsdiabetes wurde ausgeschlossen. Die Patientin nahm nicht wesentlich an Gewicht zu. In der 40+4 SSW erfolgte die stationäre Aufnahme wegen Präeklampsie (RR 157/80 mmHg) zur geplanten Geburtseinleitung.

Ergebnisse:

Nach einem erfolglosen „Geburtscocktail“ und einer 24-stündigen Propress-Einlage wurde am 3. Tag mit einer Geburtseinleitung mittels Cytotec begonnen, die nach insgesamt 550 µg Cytotec zur unauffälligen Spontangeburt eines 4120 g (Schätzgewicht 3470 g) schweren Mädchens mit 36 cm Kopfumfang führte. Am 4. Wochenbettstag wurde die Patientin mit Kind nach unauffälliger U2 nach Hause entlassen. Die Clexane-Gaben werden im Wochenbett weitergeführt.

Von 213 Entbundenen in Gera (bis 17.3.14) hatten 87 Frauen einen BMI > 30 (40,8%). In dieser Gruppe ist die Sectiorate (42,5%, n = 37, davon 18 primäre Sectiones) erhöht im Vergleich zu den 126 Frauen mit BMI < 30 (27%; n = 34, davon 15 primäre Schnittentbindungen). Gravierend unterscheidet sich dabei die sekundäre Sectiorate von 27,5% bei den adipösen Patientinnen gegenüber 17,1% bei den Normalgewichtigen.

Schlussfolgerung:

Wenn die o.g. Risiken beachtet bzw. ausgeschlossen wurden sowie eine entsprechende Vorbereitung für die Entbindung und auch eine eventuelle (Not)sectio getroffen wurde (Traglast OP-Tisch und Kreißbett), steht der zurückhaltenden geburtshiflichen Betreuung einer primär vaginalen Entbindung nichts entgegen, obgleich die Sectiorate eine höhere ist im Vergleich zu der einer normalgewichtigen Schwangeren.