Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2014; 49(5): 336-343
DOI: 10.1055/s-0034-1376453
Fachwissen
Intensivmedizin Topthema:
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Medikamenteninteraktionen – In der Notfallmedizin

Drug interactionsin emergencymedicine
Tina Kunz
,
Patrick Meybohm
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Publication Date:
26 May 2014 (online)

Zusammenfassung

Medikamenteninteraktionen in der Notfallmedizin können in vielfältiger Form auftreten und für Komplikationen sorgen. Sie können sowohl Ursache für den eigentlichen Notfall sein, als auch bei der Applikation von mehreren Medikamenten am Notfallort entstehen. Jedem Notfallmediziner sollten mögliche Wechselwirkungen seiner eingesetzten Medikamente bekannt sein. Ebenso sind Interaktionen durch von verschiedenen Ärzten ohne Kenntnis der Begleitmedikation verordnete Medikamente, freiverkäufliche Medikamente und auch durch Nahrungsmittel möglich. Am Notfallort sollten Medikamente niemals in einer Spritze zusammen aufgezogen oder in einer Infusionslösung gemeinsam appliziert werden, sondern nacheinander und, wenn möglich, über verschiedene Venenzugänge. Diese sollten nach der Applikation eines Medikaments mit einer geeigneten Lösung gespült werden, z.B. mit einer kristalloiden Infusionslösung. Bei frisch aufzulösenden Medikamenten ist stets auf das geeignete und in der Fachinformation beschriebene Lösungsmittel zu achten.

Abstract

Drug interactions in emergency medicine can occur in many forms and can result in different complications. Drug interactions can be the primary cause for the emergency call, but also they can happen after the application of different drugs at the scene. Emergency physicians need to be aware of possible interactions of their own emergency drugs. Additionally, interactions of different medications prescribed by physicians, non-prescription drugs and also by food are possible. Emergency drugs should never be mixed in a single syringe or applied together in a single infusion bag. Solving of medications always needs to be in accordance with the official instruction leaflet.

Kernaussagen

  • Zu Medikamenteninteraktionen bei Notfällen kann es auf verschiedenen Wegen kommen: durch Medikamentenverordnungen verschiedener Ärzte, durch Fehleinnahmen der Patienten, durch Nahrungsmittel oder Noxen sowie direkt am Notfallort durch die gleichzeitige Applikation von Medikamenten verschiedener Wirkstoffklassen.

  • Bei einem Notfalleinsatz kann allein eine sorg-fältige Medikamentenanamnese am Einsatzort Hinweise auf eine Medikamenteninteraktion als Ursache für den Notfall ergeben.

  • Das Mischen von Medikamenten in Spritzen oder Infusionslösungen ist in jedem Fall zu vermeiden, da es zu Ausfällungen kommen kann.

  • Medikamente dürfen nur in dafür geeigneten Lösungsmitteln wie Glukose 5 % oder physiologischer Kochsalzlösung 0,9 % laut Fachinformation aufgelöst oder verdünnt werden, um Wirkungsverlust und Ausfällung zu vermeiden.

  • Bei Verdacht auf Inkompatibilität muss die Medikamentengabe sofort gestoppt und das Material asserviert und untersucht werden.

  • Medikamente mit einem sehr hohen Interaktionspotenzial sollten jedem Notarzt bekannt sein: Hierzu gehören u. a. Antikoagulanzien vom Cumarin-Typ, Diuretika, orale Antidiabetika, Herzglykoside, Betablocker sowie Alkohol.

Ergänzendes Material

 
  • Literaturverzeichnis

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