Dialyse aktuell 2014; 18(3): 120-121
DOI: 10.1055/s-0034-1376143
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Desinfektionsmittel und -verfahren – Neue Liste von Robert Koch-Institut geprüft und anerkannt

Friedrich von Rheinbaben
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Publication Date:
30 April 2014 (online)

Quelle: Robert Koch-Institut. Liste der vom Robert Koch-Institut geprüften und anerkannten Desinfektionsmittel und -verfahren. Bundesgesundheitsbl 2013; 56: 1706–1728: im Internet: http://www.rki.de/DE/Content/Infekt/Krankenhaus hygiene/Desinfektionsmittel/Desinfekti onsmittellist/Desinfektionsmittelliste_node.html; Stand: 06.03.2014; Robert Koch-Institut. Vorwort zur Liste der vom Robert Koch-Institut geprüften und anerkannten Desinfektionsmittel und -verfahren. Bundesgesundheitsbl 2013; 56: 1702–1705; Robert Koch-Institut. Zur Veröffentlichung der 16. Ausgabe der Liste der vom Robert Koch-Institut geprüften und anerkannten Desinfektionsmittel und -verfahren. Epidemiologisches Bulletin 2013; 50: 509–511; Robert Koch-Institut. Bekanntmachung zum Aufnahmeverfahren für Desinfektionsmittel und -verfahren in die vom Robert Koch-Institut gemäß § 18 Infektionsschutzgesetz aufzustellende Liste geprüfter und anerkannter Desinfektionsmittel und- -verfahren. Bundesgesundheitsbl 2013; 56: 1696–1701

Thema: Mit Datum 16.12.2013 wurde eine neue Ausgabe der RKI-Liste (RKI: Robert Koch-Institut) von Desinfektionsmitteln publiziert und ins Internet gestellt. Sie enthält ein Reihe wichtiger Neuerungen und auch für den Routineeinsatz im medizinischen Bereich wissenswerte Details. Lesenswert sind auch ein Kommentar zur Liste, das getrennt aufgeführte Vorwort zur Liste sowie die Informationen zum Aufnahmeverfahren von Desinfektionsmitteln in die RKI-Liste.

Projekt: Das Infektionsschutzgesetz (IfsG) fordert das Robert Koch-Institut in §18 dazu auf, für die behördlich angeordnete Desinfektion Mittel und Verfahren zu listen. Die Liste wurde in ihrer ersten Ausgabe noch in einer Zeit erstellt, in der es so gut wie keine Therapiemöglichkeiten gegen bakterielle und virale Krankheitserreger gab. Die heute in ihr enthaltenen Desinfektionsmittel und -verfahren sollen daher zwar nur Ausnahmesituationen (behördlich angeordnete Desinfektion, Seuchenfälle) abdecken, sie eignen sich aber oft auch für Routinesituationen im medizinischen Alltag – insbesondere, wenn man auf thermische und chemothermische Verfahren sowie auf geeignete Hände- und Wäschedesinfektionsmittel angewiesen ist. Flächen- und Instrumenten-Desinfektions-Verfahren für die Routinedesinfektion wählt man dagegen besser aus der VAH-Liste.

Ergebnisse: Folgende Neuerungen/Besonderheiten sind in der aktuellen Auflage der Liste und in den zusätzlichen Kommentaren für den Bereich der Dialyse von besonderem Interesse:

  • Bislang war die Wirksamkeit besonderes Auswahlkriterium für die Aufnahme eines Mittels und Verfahrens. Inzwischen sind die Ökotoxizität und der Nachweis der Verkehrsfähigkeit der Präparate gemäß Biozidverordnung als praktisch gleichberechtigte Auswahlkriterien hinzugekommen. Für Händedesinfektionsmittel muss zur Aufnahme in die RKI-Liste die Zulassung des BfArM vorliegen. Instrumentendesinfektionsmittel müssen den Anforderungen des Medizinproduktegesetzes entsprechen und eine CE-Kennzeichnung vorweisen können. Sofern notwendig, sind die Abgrenzungsregeln für Biozide zu beachten. Flächendesinfektionsmittel müssen als Biozide die Zulassung bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin vorweisen können. Dies war in Teilen zwar auch für die Aufnahme in frühere Auflagen der Liste Voraussetzung, insgesamt hat sich aber damit die Zulassungshürde für künftig aufzunehmende Präparate verschärft. Dies erhöht die Sicherheit der Präparate für den Anwender und deren Umweltverträglichkeit beträchtlich.

  • Die Übersichtlichkeit der Liste wurde verbessert. Sie beginnt mit thermischen Desinfektionsverfahren. Es folgen chemische und chemothermische Verfahren. Zuletzt werden Verfahren zur Abfallentsorgung und weitere Spezialverfahren genannt. Neben den chemischen und chemothermischen Verfahren sind vor allem thermische Desinfektionsverfahren für medizinisches Personal von großer Bedeutung, während die Abfallentsorgung meist von Spezialunternehmen durchgeführt wird.

  • Die Bewertungskriterien, insbesondere für den Wirkungsbereich „B“ (viruzid), wurden transparenter gemacht. So war es ab 1995 für Flächen- und Instrumentendesinfektionsverfahren Pflicht, die Wirksamkeit gegen Viren auch unter praxisnahen Bedingungen nachzuweisen (Phase-2/Stufe-2-Tests). Ältere Präparate wurden einem wesentlich einfacheren Prüfverfahren unterzogen. Präparate, die das anspruchsvollere Prüfverfahren erfolgreich bestanden haben, werden nun mit einem Sternchen (*) gekennzeichnet.

  • Für Händedesinfektionsmittel wurde mit einer „begrenzten Viruzidie“ die Listung der Wirksamkeit der Mittel gegen behüllte Viren möglich und damit die Listung einer Wirksamkeit gegen Hepatitis-B-Virus (HBV), Hepatitis-C-Virus (HCV) und Human Immunodeficieny Virus (HIV). Allerdings unterstützt die Behörde nicht die Ausweisung extrem kurzer Anwendungszeiten von unter 30 Sekunden. Hier ist also ein vollkommen neuer Listenteil entstanden. Die früher für viruzide Händedesinfektionsmittel übliche Einschränkung, dass die Mittel nicht zur Desinfektion bei Parvoviren geeignet sind, wurde dagegen beträchtlich erweitert. Für ein viruzides Händedesinfektionsmittel darf heute nur noch behauptet werden, dass es den Standard von 2008 erfüllt, d. h. dass es gegen Polio-, Adeno-, Polyomavirus 40 und Vacciniavirus wirksam ist.

  • Wäschedesinfektionsmittel müssen zur Listung im Wirkungsbereich „B“ nun einen Mindeststandard erfüllen, der im Jahre 2008 festgelegt wurde. Der neue Europäische Standard prEN 16616: 2013 wurde akzeptiert.

  • Das Vorwort der Liste erlaubt den Ausblick auf weitere künftig erhobene Forderungen zum Nachweis der Reinigungsleistung von Präparaten sowie zum Nachweis für sporizide Aufbereitungsverfahren insbesondere von bestimmten Schutzanzügen.

  • Das Literaturverzeichnis vor allem des Vorwortes ist eine hervorragende Zusammenstellung der gegenwärtig geltenden Prüfanforderungen.

Fazit: Die Bekanntmachungen des Robert Koch-Instituts gelten für alle Bereiche des Gesundheitswesens und sollte daher von jedem dort Beschäftigten verfolgt und bei Bedarf sorgfältig studiert werden. Für Mitarbeiter von Dialyseeinrichtungen sind vor allem die in der Liste aufgeführten thermischen Desinfektionsverfahren sowie die Händedesinfektionsverfahren auch im Alltag anwendbar. Händedesinfektionsmittel sollten entsprechend dem in der Dialyse zu fordernden Wirksamkeitsprofil mindestens eine begrenzte Viruzidie (möglichst nach RKI) vorweisen können. Der Nachweis einer RKI-Listung dieser Präparate wäre daher empfehlenswert. Einwirkungszeiten von weniger als 30 Sekunden werden vom RKI nicht gedeckt. Wer also mit Einwirkungszeiten von 15 Sekunden bei Viren wie HIV, HBV, HCV oder gar bei Noroviren und Rotaviren wirbt, tut dies nicht mit der Unterstützung der Behörde.

Schlüsselwörter: RKI-Liste – Robert Koch-Institut – Instrumentendesinfektion – Händedesinfektion – begrenzt viruzid – CE-Zeichen – Medizinprodukt – biozid – chemische Desinfektion – thermische Desinfektion – chemo-thermische Desinfektion