Senologie - Zeitschrift für Mammadiagnostik und -therapie 2014; 11 - A45
DOI: 10.1055/s-0034-1375404

Therapietreue bei der adjuvanten endokrinen Therapie des Mammakarzinoms: häufig führen die kleinen Dinge zum Therapieabbruch („the little things that gets us down”)

U Güth 1, 4, 5, ME Myrick 2, SM Schmid 3
  • 1Kantonsspital Winterthur, „Brustzentrum seno suisse“, Winterthur, Schweiz
  • 2Inselspital Bern, Universitätsklinik für Kinderchirurgie, Bern, Schweiz
  • 3Spital Grabs, Frauenklinik, Grabs, Schweiz
  • 4Kantonsspital Winterthur, Klinik für Gynäkologie, Winterthur, Schweiz
  • 5Universitätsspital Basel, Frauenklinik, Basel, Schweiz

Zielsetzung: Die adjuvante orale endokrine Therapie über einen Zeitraum von mindestens 5 Jahren gilt seit längerem als Standardbehandlung des hormonrezeptorpositiven Mammakarzinoms. Unsere Arbeit untersucht die Gründe für einen vorzeitigen Therapieabbruch.

Material & Methoden: Ausgewertet wurden die Daten aller Patientinnen, die zwischen 1997 und 2008 im Alter von 30 – 80 Jahren an der Frauenklinik des Universitätsspitals Basel wegen eines hormonrezeptorpositiven nicht-metastasierten Mammakarzinoms (Stadium I-III) behandelt wurden. Bei einer Non-compliance-Rate von 6,1% (Patientinnen hatten die empfohlene Therapie gar nicht begonnen) bestand die Studienkohorte aus 567 Patientinnen, die mit einer oralen endokrinen Therapie behandelt wurden.

Ergebnisse: 73 Patientinnen (12,9% der Gesamtkohorte) beendeten die Therapie vorzeitig (non-persistence). Von diesen brachen 41 Patientinnen (56,2%) die Behandlung wegen therapiebedingter Nebenwirkungen ab. Bei 32 Patientinnen (43,8%) erfolgte der vorzeitige Therapieabbruch unabhängig von therapieassoziierten somatischen Beschwerden.

Insgesamt wurden 93 Begründungen für die jeweiligen Therapieabbrüche gegeben. Die am häufigsten genannten Gründe zum Abbruch waren eher unspezifisch:

  • Fehlendes Vertrauen in die Notwendigkeit einer Therapie/Widerwille gegen Medikamenteneinnahme/Wunsch nach Therapiestop: n = 24 (25.8%);

  • generelles Unwohlsein/allgemeine Unverträglichkeit/Müdigkeit: n = 21 (22,5%).

„Klassische“ therapieassoziierte Nebenwirkungen führten vergleichsweise selten zum Therapieabbruch: Hitzewallungen, n = 16 (17,2%), Knochen-/Muskel-/Gelenkbeschwerden, n = 10 (10,7%).

Zusammenfassung: Patientinnen unter adjuvanter endokriner Therapie bedürfen einer aufmerksamen Betreuung. Das Management therapieassoziierter Nebenwirkungen ist dabei ein wichtiger Teil der Tumornachsorge. Viele Patientinnen stoppen die Therapie aber mit einer Vielzahl von Gründen, die nicht direkt mit den somatischen Nebenwirkungen des jeweiligen Präparates assoziiert sind. Die Betreuung dieser Patientinnen ist besonders anspruchsvoll. Patientinnenzentrierte Kommunikation kann in vielen Fällen die Notwendigkeit einer Therapie vermitteln und Skepsis und Widerwille gegen eine langfristige Medikamenteneinnahme senken.