Zeitschrift für Palliativmedizin 2014; 15 - PC191
DOI: 10.1055/s-0034-1374382

Empirische Untersuchung der Entscheidungspraxis zur Therapiebegrenzung (TBE) am Lebensende in der universitären Hämatologie-Onkologie

C Becker 1, K Laryionava 2, C Christ 1, W Hiddemann 1, EC Winkler 3, P Heussner 1
  • 1Klinikum der Universität München. Medizinische Klinik und Poliklinik III – Großhadern, München, Deutschland
  • 2Nationales Centrum für Tumorerkrankungen (NCT), Heidelberg, Deutschland
  • 3Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT), Heidelberg, Deutschland

Hintergrund: Um die häufig als schwierig empfundenen Entscheidungen zur Therapiebegrenzung (TBE) bei fortgeschrittener Tumorerkrankung zu erleichtern, soll eine klinisch-ethische Leitlinie zur Therapiebegrenzung entwickelt und implementiert werden. In einer Vorher-Nachher Erhebung werden die Effekte dieser Leitlinie auf die Entscheidungspraxis untersucht. Hier werden die Ergebnisse aus der ersten Baseline-Erhebung vorgestellt.

Methode: In einer universitären hämatologisch-onkologischen Klinik wurden in einem für die Baseline-Erhebung wurden entwickelten Dokumentationsbogen TBE anhand verschiedener Informationsquellen erfasst. Insgesamt wurden im Zeitraum von April-September 2012 625 Patienten erfasst. Die Messperiode wurde abgeschlossen, als n = 76 Patienten als verstorben erfasst waren.

Ergebnisse: Bei 147 (24%) von 625 Patienten wurde eine TBE dokumentiert. Bei 62% der Patienten (n = 85) wurde „keine Reanimation“ und „keine Verlegung auf Intensivstation“ dokumentiert; bei 37% (n = 51) wurde nur „keine Reanimation“ festgelegt. Bei 62 der 76 verstorbenen Patienten (82%) ging dem Tod eine TBE voraus. Auf der Normalstation ereigneten sich 37% (n = 28) der Todesfälle. Nach Verlegung in die Klinik für Palliativmedizin (gleiches Klinikum)/ins Hospiz/in die häusliche Palliativversorgung verstarben 55% (n = 42). Eine TBE wurde auf Normalstation im Median 6 Tage, auf Palliativstation 10,5 Tage vor dem Tod festgelegt.

Diskussion: Die Häufigkeit der dokumentierten TBE ist höher als in der Literatur berichtet

(28% – 76,8%). Die Entscheidungen fielen im Median eine Woche vor dem Tod und damit eher spät im Erkrankungsverlauf. Die TBE „keine Reanimation“ und keine Verlegung auf Intensivstation“ wurden differenziert wahrgenommen und festgelegt. Eine Einbeziehung der Patienten in die TBE wurde in dieser Studie noch nicht erfasst. Diese wird Gegenstand der fallbezogene Befragung von Ärzten, Pflegenden und Patienten sein.

Dieses Projekt wird gefördert durch die Deutsche Krebshilfe Projekt Nr. 109658

Erster und zweiter Autor = equally contributed