Zeitschrift für Palliativmedizin 2014; 15 - PB114
DOI: 10.1055/s-0034-1374321

Welche schriftlichen Festlegungen treffen Vertreter für Pflegeheim-Bewohner? Eine Analyse von 46 Vertreterverfügungen aus 26 Pflegeheimen

J in der Schmitten 1, R Jox 2, G Marckmann 2
  • 1Institut für Allgemeinmedizin, Medizinische Fakultät der Heinrich-Heine-Universität, Düsseldorf, Deutschland
  • 2Institut für Ethik, Geschichte und Theorie der Medizin, Ludwig-Maximilians Universität, München, Deutschland

Hintergrund: Vertreterverfügungen (VV) – unterschrieben nicht vom Patienten, sondern von dessen Vertreter – sind, obschon medizinethisch und rechtlich bisher kaum diskutiert, eine Realität in deutschen Pflegeheimen: Zwei große Studien ergaben eine Prävalenz von 12,4% bzw. 25%. Was lässt sich empirisch über Form und Inhalt von VV sagen?

Methoden: Die gepoolten VV (n = 46) zweier Pflegeheimstudien zu Vorausverfügungen wurden analysiert, u.a. nach formalen Kriterien, Validität sowie nach Aussage zu lebensverlängernden und palliativen Behandlungen.

Ergebnisse: (vorläufige Auswertung) – Das Alter der Heimbewohner betrug im Median 86 (range 50 – 101) Jahre. Die VV waren im Median 1 (range 1 – 7) Jahr alt, 0,5 (0,25 – 4) Seiten lang und von 1 (0 – 5) Person(en) unterschrieben. In 37% der Fälle war ein legaler Vertreterstatus nicht ersichtlich; nur 2 VV enthielten einen Hinweis auf eine ärztliche Beratung. 85% der VV waren frei formuliert (davon 28% als Einträge in die Pflegeakte); 9% waren regionale Formulare. In 63% fanden sich Angaben über die (rechtfertigende) Grundlage der Festlegungen: frühere mündliche Äußerungen 30%, der nach Einschätzung des Unterzeichners beeinträchtigte (17%) bzw. leidvolle (15%) Zustand oder das Verhalten des Bewohners (11%). Mit 3 Ausnahmen enthielten die VV nur Therapieausschlüsse, überwiegend für den Fall von Komplikationen bei aktuellem Gesundheitszustand (generell: 52%, Wiederbelebung: 20%, Krankenhaus: 67%, Sondenernährung: 37%). In 28% der VV wurde Palliation ausdrücklich gewünscht.

Schlussfolgerung: Vertreterverfügungen (VV) sind überwiegend handgeschriebene Festlegungen für Krisen, die aus dem aktuellen Zustand heraus auftreten. Der Unterzeichner war häufig nicht als legaler Vertreter erkennbar, eine ärztliche Beratung nur in Ausnahmefällen dokumentiert, die ethische Legitimation der Verfügung lückenhaft und höchst unterschiedlich. Es besteht ein dringender Bedarf an formalen, inhaltlichen und ethischen Standards für Vertreterverfügungen.