Zeitschrift für Palliativmedizin 2014; 15 - PA25
DOI: 10.1055/s-0034-1374250

Flächendeckende palliativmedizinische Versorgung in stationären Pflegeeinrichtungen aus demographischer Sicht – Vision oder Illusion?

H Günther 1, S Fuchs 2
  • 1Universitätsklinikum 'Carl Gustav Carus', UniversitätsPalliativCentrum, Dresden, Deutschland
  • 2Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität – Institut für Politische Wissenschaft und Soziologie, Bonn, Deutschland

Fragestellung: Bereits aktuell bestehen in den stationären Pflegeeinrichtungen der Altenhilfe knappe Pflegeressourcen. Daher soll untersucht werden, inwieweit dort die palliativmedizinische Versorgung wie vorgesehen zukünftig und flächendeckend realisierbar erscheint.

Methodik: Im Rahmen einer palliativmedizinischen und soziologischen Recherche werden verschiedene Einflussfaktoren auf die palliativmedizinische Versorgung untersucht.

Ergebnis: Es werden aktuelle Daten und empirische Befunde zu den relevanten Einflussfaktoren auf die verfügbare Pflegekapazität dargestellt, wie insbesondere die demographische Entwicklung und die weitere Lockerung von familiären Strukturen. Die wechselseitigen Zusammenhänge zwischen der Wertschätzung von Familienarbeit, von Generationengerechtigkeit, demographischem Wandel, sozialer Infrastruktur, palliativmedizinischer Versorgung und ethischen Normen werden dargestellt.

Schlussfolgerung: Auf den demographischen Wandel und die Prognosen zum Altersaufbau der Bevölkerung wird derzeit meist mit einer Anpassungsstrategie reagiert. Daher zielt die übergroße Mehrzahl sozial- und ordnungspolitischer Aktivitäten allein auf die ältere Generation (Infrastruktur, Gesundheitswesen, Pflege usw.). Zukunftssicherung hingegen ist nur mit einer visionären Gestaltungsstrategie möglich, die auf Generationengerechtigkeit basiert. Die ethische Dimension der Palliativmedizin gebietet nicht nur, einseitig für würdevolles Sterben einzutreten, sondern anthropo-logisch auch die Zukunft der nachwachsenden Generation(en) zu thematisieren und entschieden für einen zukunfts- und generationengerechten sozialpolitischen Rahmen einzutreten. Anderenfalls wird auch eine engagierte Palliativmedizin nicht verhindern können, dass bei vergrößerten Pflegedefiziten oberhalb eines kritischen Punktes auch in Deutschland der Ruf nach Legalisierung der Tötung auf Verlangen lauter werden und sogar deren Legalisierung parlamentarisch beschlossen werden könnte.