Zeitschrift für Palliativmedizin 2014; 15 - V140
DOI: 10.1055/s-0034-1374203

Advance Care Planning – gute Sache, aber leider keiner zuständig?

J in der Schmitten 1, G Marckmann 2
  • 1Institut für Allgemeinmedizin, Medizinische Fakultät der Heinrich-Heine-Universität, Düsseldorf, Deutschland
  • 2LMU München, Institut für Ethik, Geschichte und Theorie der Medizin, München, Deutschland

Einleitung: Advance Care Planning (ACP) ist ein international bewährtes Konzept, dessen regionale Implementierung dazu führt, dass chronisch kranke, multimorbide Senioren regelmäßig so behandelt werden, wie sie dies im voraus in begleiteten Gesprächen festgelegt haben. Obwohl ethisch und rechtlich geboten, von regionalen Akteuren begrüßt und vermutlich ökonomisch rentabel, bleibt das Konzept im deutschen Gesundheitssystem bisher ohne Unterstützung von Politik und Kostenträgern.

Methoden: Werkstattbericht aus dem BMBF-geförderten Projekt RESPEKT (2008 – 2011).

Ergebnisse: Die Einführung des deutschen ACP Programms beizeiten begleiten führte in den Altenheimen der Interventionsregion innerhalb von 16 Monaten zu 49 von 136 (36%) neuen Vorausverfügungen, verglichen mit 18 von 439 (4,1%) in der Kontrollregion. Die neuen Verfügungen der Interventionsregion waren in 94% von einem Arzt unterschrieben (Kontrollregion: 17%) und regelten die Frage einer Reanimation bei Herzstillstand in 96% vs. 39%. Unsere Auswertung belegt, dass viele – aber keineswegs alle – Senioren einen differenzierten Verzicht auf lebensverlängernde Behandlungen präferieren, wenn sie gefragt werden. US-amerikanische Zahlen legen nahe, dass den Kosten eines solchen Programms Einsparungen durch Vermeidung unsinniger und ungewollter Behandlungen gegenüberstehen. Doch obwohl für eine nachhaltige Etablierung nur eine geringfügige Unterstützung erforderlich wäre und das Projekt auf Kreisebene politisch unterstützt wird, ist keine strukturelle Lösung in Sicht; die Krankenkassen fühlen sich nicht zuständig.

Diskussion: Das erfolgreich etablierte Modellprojekt droht in Kürze auszubluten; Nachfolger sind nicht in Sicht. In Deutschland werden auch künftig täglich Tausende Senioren entgegen ihren (nicht eruierten) Präferenzen einer lebensverlängernden Maximaltherapie zugeführt, obwohl wir Mittel und Wege hätten, sie statt dessen so (nämlich palliativ) zu behandeln, wie sie das wünschen.