Zeitschrift für Palliativmedizin 2014; 15 - V122
DOI: 10.1055/s-0034-1374185

Aktuelle Praxis der künstlichen Ernährung und Flüssigkeitsgabe bei sterbenden Krebspatienten – eine retrospektive Analyse

J Bükki 1, 2, T Unterpaul 1, S Lorenzl 1, 3
  • 1Ludwig Maximilians Universität, University Hospital, Campus Grosshadern, Department of Palliative Medicine, München, Deutschland
  • 2Hospizdienst DaSein e.V., München, Deutschland
  • 3Ludwig Maximilians Universität, University Hospital, Campus Grosshadern, Department of Neurology, München, Deutschland

Hintergrund: Der fragliche Nutzen von künstlicher Ernährung und Flüssigkeitsgabe am Lebensende wurde beschrieben, aber über die tatsächliche Praxis ist wenig bekannt. Das Ziel dieser Untersuchung ist daher, diese Praxis zu evaluieren.

Methoden: Retrospektive Dokumentenanalyse verstorbener Krebspatienten (stationäre Behandlung ≥7 Tage vor dem Tod) als Teil einer prospektiven Umfrage in 8 Abteilungen des Klinikums der Universität München. Erfasst wurden dokumentierte Gespräche zu künstlicher Ernährung/Flüssigkeit und Patientenverfügungen/Vorsorgevollmachten sowie die medikamentöse Therapie am Lebensende.

Ergebnisse: Von 45 in 10 Monaten eingeschlossenen Teilnehmern (30 Frauen, mittleres Alter 67 ± 11 Jahre) verstarben 15 auf der Palliativstation, 10 in der Strahlentherapie, 9 in der Hämato-Onkologie, 8 in der Neurologie und 3 in der Hals-Nasen-Ohren-Klinik. Bei 11 Patienten wurden Ernährung und Flüssigkeitsgabe thematisiert. 15 Patienten erhielten Ernährung und Flüssigkeit kombiniert (enteral oder parenteral), 2 nur Ernährung, 22 nur Flüssigkeit und 6 keine der genannten Maßnahmen. Bei 15 der 30 Patienten, welche nicht auf der Palliativstation verstarben, war ein Palliativkonsil eingeholt worden. 12 Patienten hatten eine Patientenverfügung, welche in 11 Fällen eine Ernährung und/oder Flüssigkeitsgabe ablehnte. In 8 dieser Fälle wurde trotzdem Ernährung und Flüssigkeit appliziert. Durchschnittlich wurden Medikamente aus 3,1 ± 1,7 Klassen zur Symptomkontrolle und 2,6 ± 1,6 Klassen zur Lebenserhaltung verabreicht, wobei Patienten mit künstlicher Ernährung mehr lebenserhaltende Medikamente erhielten.

Schlussfolgerung: In dieser Stichprobe erhielten die meisten Patienten künstliche Ernährung und Flüssigkeit am Lebensende. Hinweise auf Information und Diskussion zu diesem Thema und die Umsetzung des dokumentierten Patientenwillens waren lückenhaft. Spezifische Angebote und routinemäßige Einbindung eines Palliative Care-Teams könnte die Betreuung am Lebensende verbessern.