Zeitschrift für Palliativmedizin 2014; 15 - V113
DOI: 10.1055/s-0034-1374176

Lassen sich GKV-Routinedaten für die Pharmakovigilanz nutzen?

S Klose 1, 2, M Schwaninger 3, F Verheyen 2, R Linder 2
  • 1Universität zu Lübeck, Lübeck, Deutschland
  • 2WINEG – Wissenschaftliches Institut der TK für Nutzen und Effizienz im Gesundheitswesen, Hamburg, Deutschland
  • 3Universität zu Lübeck, Institut für Experimentelle und Klinische Pharmakologie und Toxikologie, Lübeck, Deutschland

Hintergrund: Nach einer gut kontrollierten klinischen Zulassungsstudie bestehen noch immer Unsicherheiten über seltene unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW). Die Pharmakovigilanz (PV) beobachtet die Sicherheit von Medikamenten in der realen Welt. Im Unterschied zu den üblichen Spontanmeldesystemen versprechen GKV-Routinedaten unkomplizierte, bevölkerungsbasierte Analysen zur Erkennung und Abwehr von UAW. Dies ist der erste Versuch, Daten der Techniker Krankenkasse für die PV zu nutzen. Beispielhaft soll untersucht werden, inwieweit das kardiovaskuläre (KV) Risiko für Azithromycin den Ergebnissen einer vergleichbaren dänischen Studie entspricht.

Methode: Von den Routinedaten aus dem Zeitraum vom 6.5.2009 – 26.11.2012 wurde eine Azithromycin (AZI) Gruppe mit 578 445 Episoden mit einer Gruppe Penicillin V (PEN, 137 540 Episoden) sowie einer Gruppe Nichtexponierter (NonU, 599 730 Episoden) gepaart (Propensity Score Interval Matching mittels Alter, Geschlecht und Elixhauser-Komorbiditätsindex). Beobachtet wurden: a) neu aufgetretene ICD-Codes für Herzrhythmusstörungen, b) EBM-Codes für ein geschriebenes EKG c) Todesfälle.

Ergebnisse: Die AZI Gruppe zeigt im Vergleich zu der NonU Gruppe für a)-c) erhöhte Risiken. a) Bei 45 – 64-Jährigen beträgt die Odds-Ratio 2,67, 95% Konfidenzintervall [1,78, 4,01]. b) OR 1,28 [1,21, 1,36], in der Untergruppe der 45 – 64-Jährigen ist die OR deutlich höher mit 2,08 [1,91, 2,26]. c) OR für 45 – 64-Jährige: 3,96 [1,92, 8,14]. Zwischen AZI und PEN ergeben sich keine signifikanten Unterschiede.

Diskussion: Die Resultate dieser Untersuchung zeigen, dass in den GKV-Routinedaten UAW dargestellt werden können. Außerdem ist es gelungen, Expositionen und Ereignisse Tag genau zu identifizieren und einzelnen Episoden zuzuordnen. Wie in der dänischen Studie ist das KV Risiko für Ältere erhöht, wobei diesbezüglich kein Unterschied zwischen einer Behandlung mit AZI vs. PEN besteht. Zusätzlich zeigt diese Studie das vermutete arrhythmogene Potenzial von AZI auf.