Zeitschrift für Palliativmedizin 2014; 15 - V37
DOI: 10.1055/s-0034-1374100

Was passiert hier eigentlich? – eine Rahmenanalyse in Einrichtungen der Versorgung am Lebensende

C Dunger 1, 2, MW Schnell 1, 2, C Bausewein 3
  • 1Lehrstuhl für Sozialphilosophie und Ethik, Universität Witten/Herdecke, Witten, Deutschland
  • 2Institut für Ethik und Kommunikation im Gesundheitswesen, Universität Witten/Herdecke, Witten, Deutschland
  • 3Klinik und Poliklinik für Palliativmedizin, Universität München Campus Großhadern, München, Deutschland

Hintergrund: Die Reflexive Grounded Theory (RGT) ist eine Erweiterung der klassischen Grounded Theory um ethnographische und reflexive Elemente. Sie wird im Rahmen einer Studie zu Einflussfaktoren auf die Entscheidung professionell Pflegender in Kombination mit einer Rahmenanalyse (RA) teilnehmender Beobachtungen (TB) angewendet. Die RA, von Erwing Goffman entwickelt und durch seine Beschreibung totaler Institutionen bekannt, ist jedoch keine klare Analysemethode empirischer Daten. Viel mehr ist sie eine Herangehensweise an das Datenmaterial, die die Frage „Was passiert hier?“ beantwortet. Diese fundamentale Grundfrage der RA dient dem Erfassen verschiedener Situationsrahmungen im Forschungsprozess. Sie wurde bisher vorrangig in Abgrenzung zu anderen Methoden (struktureller Hermeneutik, Konversationsanalyse und Lebensweltanalyse) betrachtet. Ziel des Beitrags ist eine systematische Ausarbeitung des Vorgehens und die Bestimmung möglicher Schritte im Verlauf einer RA als Analysemethode, um Einflussfaktoren auf die Entscheidung professionell Pflegender in Bezug auf einzelne Versorgungssituationen zum Einsatz pflegerischer Maßnahmen bei Patienten mit schwerer Atemnot zu untersuchen.

Methode: TB, die in Einrichtungen der Versorgung am Lebensende als Teil der RGT durchgeführt werden, werden mittels RA ausgewertet. Anhand der Wirkungsgeschichte Goffmans, relevanter Aspekte seiner Studien und mittels der beschriebenen Gemeinsamkeiten genannter Methoden, wurde ein schrittweises Vorgehen zur Anwendung der RA an empirischem Datenmaterial entwickelt.

Ergebnisse: Ergebnis ist ein Verlaufsschema zur Anwendung der RA, mit den zyklischen Analyseschritten (1) Sequenzanalyse, (2) Klassifikation und Typenbildung, wie (3) Leitperspektiven und konzeptuelle Bezugssysteme bilden. Dieses Vorgehen wird an Beobachtungsprotokollen aus Hospiz- und Palliativeinrichtungen beispielhaft erläutert. Zudem werden Ansatzpunkte für eine Integration dieses Vorgehens in die genannte RGT aufgezeigt.