Zeitschrift für Palliativmedizin 2014; 15 - V18
DOI: 10.1055/s-0034-1374081

Aspekte des Lebensendes in randomisierten kontrollierten Studien – eine systematische Übersichtsarbeit am Beispiel von Krebspatienten

J Gaertner 1, 2, V Weingärtner 3, S Lange 4, E Hausner 4, A Gerhardus 5, ST Simon 3, G Becker 1, 2, R Voltz 3, N Schmacke 5
  • 1Universitätsklinikum Freiburg, Klinik für Palliativmedizin, Freiburg, Deutschland
  • 2Kompetenzzentrum Palliative Care, KOMPACT, Baden-Württemberg, Deutschland
  • 3Uniklinik Köln, Zentrum für Palliativmedizin, Klinisches Studienzentrum Palliativmedizin (BMBF 01KN1106) und Centrum für Integrierte Onkologie Köln Bonn (CIO), Köln, Deutschland
  • 4Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen, Köln, Deutschland
  • 5Universität Bremen, Institut für Public Health und Pflegeforschung (ipp), Abteilung 1: Versorgungsforschung, Bremen, Deutschland

Fragestellung: Die Studie untersuchte im Auftrag des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) am Beispiel randomisierter klinischer Studien (RCT), ob RCT an Patienten mit fortgeschrittenen Erkrankungen die Situation des Lebensendes (EoL) berücksichtigen.

Methodik: Systematische Literaturübersicht (MEDLINE) von RCT zur Evaluation krankheitsmodifizierender Therapien an Patienten mit medianer Überlebenszeit ≤24 Monate mit Glioblastom, malignem Melanom, Lungenkrebs oder Pankreaskarzinom. Erhoben wurden Informationen zu Therapieziel, Endpunkten (EP), verwendeter Terminologie und das Autorenfazit zur Intervention.

Ergebnis: Von 206 RCT wurden die 25 aktuellsten der vier Entitäten analysiert (n = 100). Unheilbarkeit wurde in 71/100 Publikationen beschrieben, jedoch wurden EoL Begriffe gemieden und Palliative Care fast nie (3/100) benutzt. Häufige Termini waren cancer-/disease control (31/100) und salvage therapy (11/100). Patientenrelevante Therapieziele waren oft Lebensverlängerung (LV, 30/100), selten bestmöglicher Erhalt der Lebensqualität (LQ, 6/100) oder Symptomlinderung (2/100). Häufigste primäre EP waren das Gesamtüberleben (53) und (kombinierte) Surrogat-EP (47). Patientenberichtete Endpunkte (PRO) wurden ausschließlich sekundär erhoben (36/100). In 88/100 Publikationen wurden Nutzen und Schäden der Therapie diskutiert. In 48/88 war diese Abwägung nachvollziehbar. In 22/88 wurde auch die Patientenperspektive reflektiert.

Schlussfolgerung: EoL- und Palliative Care Terminologie werden gemieden, Begriffe, die nicht erreichbare Therapieziele implizieren (z.B. Tumorkontrolle, Salvage Therapie), jedoch häufig benutzt. Obwohl die LQ eines der führenden Therapieziele in der Behandlung von unheilbaren Patienten darstellt, kam PRO eine untergeordnete Rolle im Design und der Berichterstattung der Studien zu. Konkrete Vorschläge für eine stärkere Berücksichtigung von PRO in RCT an Patienten mit fortgeschrittenen Erkrankungen wurden abgeleitet.