Gesundheitswesen 2014; 76 - P19
DOI: 10.1055/s-0034-1371648

Krätzeausbruch im Altenheim: Konsequente topische Behandlung als Alternative zur Massenchemotherapie

B Böddinghaus 1, U Götsch 1, F Velten 2, A Walczok 1, R Gottschalk 1
  • 1Amt für Gesundheit, Infektiologie, Frankfurt am Main
  • 2Hautarztpraxis Velten, Frankfurt

In einem Altenheim mit 89 Bewohnern und 38 Pflegekräften erkrankten von März bis Mai 2013 insgesamt 22 Personen an Krätze, davon 15 Bewohner und 7 Mitarbeiter. Es besteht in der Einrichtung ein schwer quantifizierbarer Infektionsdruck durch mehrere Bewohner, die regelmäßig im Obdachlosenmilieu verkehren. An zwei Terminen im Abstand von 8 Wochen untersuchten 3 Ärzte des Gesundheitsamtes alle Bewohner im Altenheim. Die Erkrankungsverdächtigen und alle Pflegekräfte wurden zur weiteren Abklärung vor Ort einem Dermatologen vorgestellt. Bei den Betroffenen wurde vom Pflegepersonal Infectoscab 5% Creme® (Permethrin) am 1., 2., 3. und 7. Tag über Nacht im Bereich des gesamten Integuments einschließlich der behaarten Kopfhaut, der Fingernagelränder und der Nagelbetten appliziert. Typischerweise führt die genannte Therapie zu einer Zunahme des Pruritus am jeweils darauffolgenden Tag. Zur Steigerung der Compliance erhielten die Patienten ein Betamethason-haltiges Externum am Morgen des 2., 3., 4. und 8. Tages sowie zweimal täglich Loratadin-haltige Antihistaminika über den gesamten Zeitraum. Als begleitende Hygienemaßnahmen wurden für eine Woche die Leib- und Bettwäsche täglich gewechselt und andere patientennahe Gegenstände luftdicht gelagert. Erkranktes Pflegepersonal erhielt eine Tätigkeitseinschränkung bis nach der ersten Behandlung. In den folgenden 8 Monaten traten keine weiteren Fälle auf. Voraussetzungen waren eine lückenlose Planung der Bekämpfungsmaßnahmen seitens der Einrichtung und eine sorgfältige Diagnosestellung durch einen erfahrenen Dermatologen. Beim beschriebenen Krätzeausbruch erwies sich die konsequente topische Behandlung als eine wertvolle Alternative zu der empfohlenen Massenchemotherapie: 1. Die Kosten für die Einrichtung betrugen lediglich 3.000 Euro (Sachmittel und Mehrarbeit). 2. Auf neue Fälle durch Einschleppung kann flexibel reagiert werden.