Gesundheitswesen 2014; 76 - V48
DOI: 10.1055/s-0034-1371601

Der positive prädiktive Wert des deutschen Meldesystems gemäß Infektionsschutzgesetz auf der Ebene der Gesundheitsämter in Berlin für das Jahr 2012

B Blümel 1, M Diercke 2, J Bätzing-Feigenbaum 3, A Gilsdorf 2
  • 1Robert Koch-Institut, Postgraduiertenausbildung für Angewandte Epidemiologie (PAE), Abteilung für Infektionsepidemiologie, Berlin
  • 2Robert Koch-Institut, Abteilung für Infektionsepidemiologie, Berlin
  • 3Landesamt für Gesundheit und Soziales, Berlin

Hintergrund: Meldepflichtige Krankheiten und Erregernachweise werden gemäß Infektionsschutzgesetz (IfSG) an die Gesundheitsämter (GÄ) gemeldet. Entsprechen die Meldungen den Falldefinitionen (FD), werden sie über die Landesbehörden an das Robert Koch-Institut übermittelt. Diese Studie untersucht den Anteil der nicht übermittelten Fälle, um den zusätzlichen Ermittlungsaufwand durch nicht übermittelte Meldungen in den GÄ abzuschätzen. Methoden: Die Abfrage erfolgte über die Meldesoftware der Berliner GÄ. Alle im jeweiligen GA in 2012 eingegangenen und alle übermittelte, nicht gelöschte Fälle wurden für alle Meldekategorien gemäß IfSG abgefragt. Der Anteil der übermittelten unter den gemeldeten Fällen wurde als positiv prädiktiver Wert (PPV) definiert. Meldekategorien ohne Fälle bei mehr als zwei GÄ wurden nicht ausgewertet.

Ergebnisse: Von 12 GÄ führten 9 (75%) die Abfrage durch. Eines der GÄ hat nicht übermittelte Fälle nicht komplett elektronisch erfasst bzw. im Verlauf gelöscht und wurde nicht in die Analyse einbezogen. An die verbleibenden acht GÄ wurden 10183 Fälle in 2012 gemeldet, davon wurden 8918 übermittelt. Der Gesamt-PPV war 88% (Spannweite (R)= 97 – 72%). Der PPV war am niedrigsten bei Hepatitis B (29%, R = 65 – 7%) und Hepatitis C (42%, R = 65 – 21%). Der höchste PPV zeigte sich bei Rotaviren (99%, R = 100 – 94%) und Giardiasis (98%, R = 100 – 93%). Schlussfolgerungen: Der Gesamt-PPV ist hoch, jedoch mit Schwankungen zwischen den GÄ und Meldekategorien, teilweise bedingt durch regionale Unterschiede oder durch in der Software nicht erfasste Fälle. Der niedrige PPV z.B. bei den viralen Hepatitiden zeigt, dass ein Teil der GÄ-Ressourcen für die Erfassung von Daten benutzt wird, die im Meldesystem nicht weiter genutzt werden. Die gewonnenen Daten geben Informationen, die bei der Überarbeitung der Falldefinitionen benutzt werden können. Eine qualitative Auswertung der nicht übermittelten Fälle könnte helfen, die Ursachen für einen niedrigen PPV und Schwankungen zwischen den GÄ zu identifizieren.