Gesundheitswesen 2014; 76 - V34
DOI: 10.1055/s-0034-1371587

Zahnärztliche Betreuung von Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen – Eine Herausforderung für den Öffentlichen Gesundheitsdienst

R Heinrich-Weltzien 1
  • 1Universitätsklinikum Jena, Poliklinik für Präventive Zahnheilkunde und Kinderzahnheilkunde, Jena

Kinder/Jugendliche mit Behinderungen sind eine sehr heterogene Gruppe von Patienten mit einem speziellen zahnärztlichen Betreuungsbedarf, die sowohl einer gruppenprophylaktischen Intensivprophylaxe als auch einer präventiv orientierten Betreuung in der Zahnarztpraxis bedürfen. Behinderungsbedingte Begrenzungen der Kooperationsfähigkeit und Verhaltensprobleme können bei der Munduntersuchung im Rahmen der Reihenuntersuchung zur Herausforderung für den Zahnarzt werden. Grundlegende Techniken der Verhaltensführung (Tell-show-do, nonverbale Kommunikation, Stimmlagekontrolle, Distraktion, Anwesenheit des Lehrers oder Betreuers etc.), spezielle Lagerungstechniken (Knie-zu-Knie, Rollstuhl) sowie Fixationstechniken (protective stabilisation, medical holding) erleichtern bzw. ermöglichen die zahnärztliche Untersuchung auch bei begrenzter Kooperativität des Patienten. Eine empathische und respektvolle Zuwendung und Einschätzung der Kompetenzen des Kindes/Jugendlichen ist nicht nur für die orale Befundung entscheidend sondern ebenso für ihre Betreuung im Rahmen der Gruppenprophylaxe. Die lokale Applikation von Fluoridlacken, als Fluoridierungsverfahren der Wahl, ist dabei auch bei weniger kooperativen Patienten eine effektive Kariespräventionsmaßnahme, wenn sie kontinuierlich durchgeführt wird. Dagegen ist eine effektive Prävention von parodontalen Erkrankungen nur in enger Zusammenarbeit mit den Lehrern bzw. Erziehern möglich, die entweder die Mundhygiene der Kinder und Jugendlichen unterstützen oder diese selbst durchführen müssen. Patienten- bzw. Grundleiden bezogene Zahnputztechniken einschließlich der Verwendung von speziellen Zahnbürsten sollten mit dem pädagogischen Betreuungspersonal erarbeitet werden und deren Umsetzung überwachtet werden. Bei sozialbenachteiligten Kindern/Jugendlichen mit Behinderungen ist eine effektive gruppenprophylaktische Betreuung wesentlich für die Kompensation der gesundheitlichen Benachteiligung durch ihre Behinderung und ihren Sozialstatus.