Im Rahmen einer amtsärztlichen Untersuchung zur Frage der gesundheitlichen Eignung
von Beamtenanwärtern treten immer wieder Unsicherheiten auf, wie psychische Störungen
in der Vorgeschichte bzw. stattgehabte psychotherapeutische und/oder psychiatrische
Behandlungen zu werten sind. Ob zu Tage getretene psychische Probleme Zweifel an der
gesundheitlichen Eignung für die Übernahme in das Beamtenverhältnis bedingen, kann
nicht allgemein beantwortet werden. Art und Schweregrad psychischer Störungen sind
ebenso unterschiedlich wie die verschiedenen Therapieformen, die heute mehr denn je
gerade von jungen Menschen in Anspruch genommen werden. Grundsätzlich sagt allein
die Tatsache, dass bereits einmal eine psychotherapeutische oder psychiatrische Behandlung
stattgefunden hat, nichts über die Art der zugrunde liegenden Problematik aus. Sowohl
vorübergehende Lebenskrisen als auch schwere psychiatrische Erkrankungen können sich
hinter der Suche nach therapeutischer Unterstützung verbergen. Bedeutung und Tragweite
einer entsprechenden Störung lässt sich nur im Einzelfall beurteilen und bedarf fachärztlicher
Diagnostik. Finden sich bei einem Beamtenanwärter Hinweise für eine frühere oder aktuelle
psychische Störung, ist eine psychiatrische Begutachtung angebracht, um leichte Störungen
mit guter Prognose von chronifizierten Prozessen oder gar schweren klassischen psychiatrischen
Erkrankungen abzugrenzen. Die amtsärztliche Begutachtung durch einen Psychiater unterscheidet
sich dabei in ihren Grundsätzen nicht von der psychiatrischen Begutachtung zu anderen
Fragestellungen. Auch hier wird nach sorgfältiger Anamnese unter Hinzuziehung vorliegender
Befundberichte als zentraler Kern der Begutachtung der aktuelle psychische Befund
erhoben. Neben der Aussage zum Vorliegen etwaiger Gesundheitsstörungen ist vor Übernahme
in ein Beamtenverhältnis für den Auftraggeber von besonderer Bedeutung, ob aufgrund
eines bereits jetzt erkennbaren Leidens mit vorzeitiger Dienstunfähigkeit des Probanden
zu rechnen ist. Bei nicht sicher einzuschätzender Prognose ist gegebenenfalls eine
Nachuntersuchung nach entsprechendem Zeitraum zu empfehlen. Angesichts der zunehmenden
öffentlichen Wahrnehmung von psychischen Erkrankungen und der wachsenden Bereitschaft,
adäquate Hilfe in Anspruch zu nehmen, kann die Angabe von „Psychotherapie“ in der
Vorgeschichte kein generelles Ausschlusskriterium mehr für den öffentlichen Dienst
sein.