Gesundheitswesen 2014; 76 - V05
DOI: 10.1055/s-0034-1371558

Hepatitis A-Ausbruch in Niedersachsen 2012 – Aufklärung durch enge Zusammenarbeit von Epidemiologie, Virologie und Lebensmittelüberwachung

E Mertens 1, M Monazahian 2, J Wenzel 3, J Ehlers 4, J Dreesman 5, M Harries 5
  • 1Niedersächsisches Landesgesundheitsamt, Infektionsepidemiologie/Meldewesen, Hannover
  • 2Niedersächsisches Landesgesundheitsamt, Virologie, Molekularbiologie, Hannover
  • 3Universität Regensburg, Institut für Mikrobiologie und Hygiene, Regensburg
  • 4Niedersächsisches Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit, Abteilung 5 – Untersuchungseinrichtungen, Koordinierungsstelle Zoonosen, Oldenburg
  • 5Niedersächsisches Landesgesundheitsamt, Infektionsepidemiologie, Hannover

Im Oktober/November 2012 ereignete sich der bundesweit größte autochthone Hepatitis A-Ausbruch seit Einführung des Infektionsschutzgesetztes in zwei benachbarten Landkreisen in Niedersachsen. Der Ausbruch begann am 16.10.2012, hatte einen Gipfel am 29.10.2012 und endete am 26.12.2012.

In einer Fall-Kontroll-Studie wurden die Zusammenhänge zwischen Nahrungsmittelexpositionen und Hepatitis A-Erkrankungen untersucht. Die Verwandtschaft von humanen und Umgebungsproben wurden mittels phylogenetischer Stammbaumanalyse ermittelt.

Insgesamt wurden 85 Fälle innerhalb des Ausbruchs registriert. Als stärkster Risikofaktor wurde der Verzehr von Backwaren aus einer bestimmten Bäckerei X (Odds Ratio (OR): 3,09; 95% Konfidenzintervall (KI): 1,15 – 8,68) identifiziert. In der Subgruppe der Kunden von Bäckerei X zeigte der Verzehr von süßen Teilchen den stärksten Zusammenhang zu einer Hepatitis A-Erkrankung (OR: 5,74; 95% KI: 1,55 – 22,95). Eine später als an Hepatitis A erkrankt diagnostizierte Mitarbeiterin von Bäckerei X hatte gearbeitet bis sie einen Ikterus entwickelte (01.10.2012). In dieser Zeit, die mit der wahrscheinlichen Infektionszeit des Großteils der Fälle übereinstimmt, war sie mutmaßlich infektiös.

Die Virusisolate dieser Mitarbeiterin, sechs ausgewählter Fälle sowie dreier Umgebungsproben aus Bäckerei X konnten demselben Ausbruchsstamm zugeordnet werden, sie zeigten eine hundertprozentige Übereinstimmung auf dem hochvariablen VP1 Abschnitt des HAV Genoms (Subgenotyp IA). Die Mitarbeiterin hatte eine chronische Darmerkrankung und schied über einen Zeitraum von sechs Monaten hohe Viruskonzentrationen aus. Da sie nicht an der Zubereitung der Backwaren beteiligt war ist es wahrscheinlich, dass diese an der Oberfläche kontaminiert wurden. Das Ausbruchsmanagement beinhaltete die Empfehlung einer postexpositionellen Impfung für alle suszeptiblen Haushaltskontakte von Fällen sowie für alle suszeptiblen Bäckerei X-Mitarbeiter.