Klinische Neurophysiologie 2014; 45 - P94
DOI: 10.1055/s-0034-1371307

Zusammenhang zwischen muscle sympathetic nerve activity (MSNA) und Stress-induzierter Analgesie – eine Mikroneurografie Studie

G Lautenschläger 1, M Kaps 1, D Kathrin 1, C Best 2, F Birklein 3, M Elam 4, HH Krämer 1
  • 1UKGM, Standort Gießen, Neurologie, Gießen, Deutschland
  • 2Philipps Universität Marburg, Neurologie, Marburg, Deutschland
  • 3Johannes Gutenberg Universität Mainz, Neurologie, Mainz, Deutschland
  • 4The Sahlgrenska Academy of Gothenburg Universitiy, Neurophysiologie, Göteborg, Schweden

Hintergrund: Stress-induzierte Analgesie (SIA) beschreibt eine Reduktion des Schmerzempfindens bei kurzfristiger Aktivierung des sympathischen Nervensystems. Mittels Mikroneurografie ist es möglich, die Vasokonstriktorenaktivität der Widerstandgefäßen (muscle sympathetic nerve activity; MSNA; burst frequency (BF;Bursts pro Minute) und burst incidence (BI;Bursts pro 100 Herzschläge)) direkt zu erfassen. In der aktuellen Studie wurde der Zusammenhang zwischen Hitze- und Kälteschmerz, mit und ohne temporäre Stressoren, auf den sympathischen outflow und die Schmerzwahrnehmung untersucht.

Methoden: Mikroneurografie wurde bei 18 Männern (mittleres Alter: 28 Jahre) im N. peroneus durchgeführt und MSNA unter folgenden Bedingungen abgeleitet: nur Kälte- und. Hitzeschmerz; jeweils Kälte- und Hitzeschmerz mit Kopfrechnen, Singen, und Vortrag halten. Die Schmerzintensität wurde kontinuierlich mittels einer VAS (Covas, medoc, Israel) bewertet.

Ergebnisse: Psychophysik: Die Schmerzintensität zwischen Hitze- und Kälteschmerzapplikation alleine zeigte keinen Unterschied (ns). Die Schmerzintensität des Kältereizes konnte durch die zusätzlichen Stress-Konditionen signifikant reduziert werden (p = 0.01; F = 4.432; rm-ANOVA). Für Hitzeschmerz zeigt sich die gleiche Tendenz. In der Einzelauswertung konnte eine signifikante Schmerzreduktion durch Singen (F = 4.76, p = 0.043) und Vortrag halten (F = 4.5, p = 0.048) sowie der gleiche Trend für Kopfrechnen (F = 4.22, p = 0.55) nachgewiesen werden. Mikroneurografie: Durch Kälte- und Hitzeschmerz kam es zu einem deutlichen Anstieg der MSNA (Kälteschmerz: BI: F = 40.95; p < 0.001; BF: F = 33.87; p < 0.001; Hitzeschmerz: BI: F 21.32; p < 0.001; BF: F = 44.65; p < 0.001). Die MSNA Erhöhung für den Hitzereiz war ausgeprägter als für die Kälteapplikation (BF: F = 4.9; p = 0.034; BI: n.s.). Die zusätzlichen Stressoren führten beim Kälteschmerz zu einem weiteren Anstieg der sympathischen Aktivität (BI: F = 6.694, p < 0.001; BF: F = 10.893, p < 0.001). Für Hitzeschmerz zeigte sich ebenfalls eine Erhöhung der MSNA, allerdings weniger ausgeprägt als bei Kälteschmerz (BF: F = 4.9, p = 0.034; BI: F = 2.3, p = 0.092). Korrelationen zwischen der Schmerzreduktion und dem Anstieg der MSNA konnten nicht gefunden werden. Der MSNA-Anstieg durch Kälte- und Hitzeapplikation zeigte signifikante Korrelationen (Pearson, p &lt; 0.05).

Schlussfolgerung: Wir konnten zeigen, dass sich die Stress-induzierte Analgesie in einem Anstieg des MSNA wiederspiegelt. Dieser Effekt war ausgeprägter bei Kälteschmerz, möglicherweise da dieser als vasokonstriktorischer Reiz, einen besseren sympathischen Stimulus darstellt. Zusätzlich erscheint es möglich, dass bei der Hitzeapplikation ein Ceiling-Effekt aufgetreten ist, der den weiteren Anstieg reduziert.