Klinische Neurophysiologie 2014; 45 - P82
DOI: 10.1055/s-0034-1371295

Data-mining zur Identifikation psychopathologischer Muster der Schizophrenie

C Rottschy 1, D Bzdok 2, M Clos 2, F Schneider 1, A Rapp 3, I Sommer 4, R Jardri 5, A Aleman 6, E Cieslik 2, V Müller 2, S Eickhoff 2
  • 1UK Aachen, Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik, Aachen, Deutschland
  • 2Forschungszentrum Jülich, INM-1, Jülich, Deutschland
  • 3Universitätsklinikum Tübingen, Kognitive Neuropsychiatrie, Tübingen, Deutschland
  • 4UMZ Utrecht, Dept. of Psychiatry, Utrecht, Niederlande
  • 5Univ. Lille, Laboratoire de Neurosciences Fonctionnelles, Lille, Frankreich
  • 6RU Groningen, BCN NeuroImaging Center, Groningen, Niederlande

Einleitung:

Schizophrenie stellt nicht nur eine sehr häufige psychische Erkrankung dar, sondern ist auch eine der heterogensten. So finden sich ausgeprägte interindividuelle Unterschiede im klinischen Erscheinungsbild, welche auf pathophysiologische Untergruppen hindeuten. Hier berichten wir eine datengetriebene Identifikation solcher Gruppen, basierend auf einem Ward-Ansatz sowie einer nachfolgenden Kreuz-Validierung mittels multivariater Klassifikation.

Methode:

Insgesamt wurden 121 schizophrene Patienten eingeschlossen (80 Männer, mittleres Alter: 33.7 ± 10.1 Jahre, mittlere Erkrankungsdauer 9.8 ± 8.6 Jahre; Diagnosestellung durch behandelnden Arzt). Alle Patienten wurden mittels der Positive and Negative Syndrom Scale (PANSS) psychopathologisch charakterisiert. Mittels eines Ward-Clusterings wurden die Patienten dann auf Basis der psychopathologischen Profile (PANSS-Werte) in Gruppen zusammengefasst. Die Güte der erreichten Trennung wurde dann mittels Support Vector Machine Klassifikation im leave-one-out Verfahren kreuzvalidiert. In einem iterativen Ansatz wurden dann Patienten, die sich nicht zuverlässig einer Gruppe zuordnen liessen aus dem Pool genommen, und das Verfahren wurde wiederholt, bis eine stabile Lösung gefunden wurde.

Diskussion/Ergebnisse:

Von den 121 Patienten konnten 108 eindeutig über Hierarchiestufen konsistent einer von vier Gruppen zugeordnet werden. Die Inspektion der psychopathologischen Profile (Eigenvektoren) der vier Gruppen zeigten dabei klare Unterschiede in 22/30 Items des PANSS. Jeweils eine Gruppe zeigte durchweg stark (in der Abbildung grün) bzw. sehr gering (rot) ausgeprägte Psychopathologie. Zwischen den beiden letzten, insgesamt mittelschwer betroffenen Gruppen zeigte sich eine klare Differenzierung der Symptomlage: Eine Gruppe (blau) zeigte vor allem Auffälligkeiten im Bereich Wahn, Halluzinationen und ungewöhnliche Denkinhalte. Die andere hingegen (türkis) stach insbesondere durch ausgeprägte Negativsymptomatik hervor. Unsere Ergebnisse differenzieren die klinisch festzustellende Heterogenität schizophrener Patienten in vier Cluster (leicht betroffen, mittelschwer mit vorwiegender psychotischer Symptomatik, mittelschwer mit ausgeprägten Negativsymptomen, global und schwer betroffen). Hierbei konnten gut 90% aller untersuchten Patienten mittels automatisierter Klassifikation einer der Gruppen zugeordnet werden. In nachfolgenden Schritten können nun neurobiologische Merkmale dieser Gruppen objektiviert werden.

Abb. 1