Klinische Neurophysiologie 2014; 45 - P74
DOI: 10.1055/s-0034-1371287

Korreliert die sonographische Sehnervenscheidenbreite mit dem lumbal gemessenen Liquoreröffnungsdruck?

J Allendoerfer 1, K Schweig 1
  • 1Asklepios Neurologische Klinik Bad Salzhausen, Bad Salzhausen, Deutschland

Fragestellung: Die transokuläre Sonografie des Nervus opticus kann zur Beurteilung einer Sehnervenpapillenvorwölbung (ODE) und zur Messung der Dicke der Sehnervenscheide (ONSD) verwendet werden. ODE und ONSD können in Folge eines erhöhten intrakraniellen Liquordruckes auftreten. Bislang wurde eine vergleichende Liquordruckmessung nur bei ausgewählten Patienten durchgeführt. Bei Trauma Patienten mit Hirnschwellung und solchen mit Pseudotumor cerebri (IIH) wurden erhöhte Werte für die sonographisch bestimmte ONSD beschrieben. Bei den Traumapatienten fand sich eine gute Korrelation von ONSD und invasiv gemessenem Hirndruck, bei den IIH Patienten fand sich bislang keine signifikante Korrelation. In der vorliegenden Arbeit soll der Liquoreröffnungsdruck (CSFP) bei Patienten mit diagnostischer Punktion bei verschiedenen Einweisungsdiagnosen mit der ONSD verglichen werden. Ziel ist die Überprüfung, ob ein erhöhter Liquoreröffnungsdruck mit hoher Wahrscheinlichkeit an einer erhöhten ONSD erkannt werden kann.

Methoden: Retrospektive Analyse von Patienten, die eine diagnostische Liquorpunktion mit Eröffnungsdruckmessung in Seitenlage und eine sonographische Bestimmung der ONSD erhielten. Die Optikussonografie erfolgte mittels Linearschallkopf (9L, Logiq E9), der mechanische Index wurde auf 0,3 abgesenkt, die Untersuchung wurde als DICOM-Video gespeichert. Die Messung der Breite der Sehnervenscheide (ONSD) wurde 3 mm proximal der optical disk (OD) durchgeführt, zusätzlich wurde die Vorwölbung der OD (ODE) gemessen, falls vorhanden. Eine Vorwölbung der OD wurde ab 0,3 mm als positiv bewertet. Die endgültigen Diagnosen und klinischen Daten wurden der Fallakte entnommen. Die statistischen Berechnungen erfolgten mit SPSS V.15.

Ergebnisse: Über einem Zeitraum von 24 Monaten wurden aus 302 Patienten mit Sonografie des N. optikus 30 Patienten (Alter MW 43,4J., 8 männlich) mit den passenden Einschlusskriterien evaluiert. Bei 9 Patienten fand sich mindestens eine einseitige ODE, der Mittelwert der ONSD betrug rechts 6,26 und links 6,24 mm. Zur Berechnung der Korrelation mit dem CSFP wurde der jeweils höhere ONSD Wert verwendet (MW 6,5 +- 0.9 mm). Es fand sich eine schwache bis mittlere Korrelation zwischen ONSD und CSFP (KorrK n. Pearson 0,412 bei p = 0,024). Die Mittelwerte des Liquoreröffnungsdruckes von Patienten mit oder ohne ODE unterschieden sich nicht signifikant (28,4+-11,4cmH2O vs. 20,7+-9,8cmH2O, p = 0,072). In der ROC Kurve fand sich für den Nachweis eines CSFP> 20cmH2O eine AUC von 0,753 (Range 0,57 – 0,94, p = 0,19). Für den Cut off einer ONSD > 6 mm berechnet sich eine Sensitivität von 0,82 und eine Spezifität von 0,54.

Schlussfolgerungen: In unserem Kollektiv verschiedener neurologischer Erkrankungen bzw. Patienten zur Ausschlussdiagnostik zeigte sich eine mäßige Korrelation der ONSD mit dem Liquoreröffnungsdruck. Anhand der vorliegenden Daten ließ sich mittels ROC Analyse kein sinnvoller cut off Wert ermitteln. Das Vorliegen einer ONSD von über 6 mm (nach verschiedenen Arbeiten als Hinweis auf erhöhten CSFP etabliert) bei normalem CSFP könnte zum einen auf unzureichende Untersuchung von Normalkollektiven und zum anderen auf das Vorliegen chronischer Veränderungen der ONSD hinweisen. Bei IIH Patienten bildet sich nicht in allen Fällen die ONSD auf Normalwerte zurück und auch bei Erkrankungen wie Perineuritiden kann sich eine erheblich verbreiterte ONSD bei jedoch normalem CSFP finden. Eine ONSD > 6 mm bei normalem CSFP wurde nur in 3 Fällen gefunden. Dies kann mit einer fehlenden Kommunikation der Liquorkompartimente erklärt werden. Die alleinige sonographische Bestimmung der ONSD ist zur Abschätzung des CSFP nicht hinreichend sicher.