Klinische Neurophysiologie 2014; 45 - P39
DOI: 10.1055/s-0034-1371252

Diagnostischer Stellenwert der Nervenbiopsie bei der chronischen distal symmetrischen Polyneuropathie

A Maack 1, W Stenzel 2, K Hahn 3
  • 1Vivantes Klinikum im Friedrichshain, Neurologie, Berlin, Deutschland
  • 2Charite Campus Mitte, Neuropathologie, Berlin, Deutschland
  • 3Charite Campus Mitte, Neurologie, Berlin, Deutschland

Fragestellung: Distal symmetrische Polyneuropathien (DSP) stellen die häufigste Präsentation einer PNP dar. Ca. ein Drittel bleibt ätiologisch ungeklärt und somit ohne kausalen Therapieansatz. Der Nutzen der Nervenbiopsie bei der chronischen DSP ist ungeklärt und Gegenstand der retrospektiven Datenanalyse.

Methoden: Die Studienpopulation wurde über eine interne Datenbank der Neuropathologie anhand der Biopsieanforderungen von 2000 – 2009 per Zufallsprinzip ausgewählt. Patienten erfüllten die klinischen, elektrophysiologischen und anamnestischen Kriterien einer chronischen DSP. Mittels SPSS analysierten wir: demographische Daten, klinische Manifestation, INCAT Disability Score, Dauer, EMG/NLG, Symptomdauer, relevante Vorerkrankungen, Laborparameter, histomorphologischer Befund. Primärer Endpunkt der Auswertung war die diagnostische und therapeutische Relevanz der Nervenbiopsie.

Ergebnisse: Eingeschlossen wurden 132 Patienten, davon waren 68% Männer (N = 90). Das Durchschnittsalter betrug 62,4 Jahren (30 – 92 Jahre). 65% zeigten eine sensomotorische, 35% eine sensible DSP. Ca. zwei Drittel der Patienten war klinisch gering betroffen (INCAT Score ≤1). Die Biopsie erfolgte im Durchschnitt 64 (3 – 840) Monate nach Symptombeginn. Zu den häufigsten Fragestellungen zählten Inflammation, Gammopathie und Vaskulitis.

56% der Biopsiebefunde konnten zur Klärung der Ätiopathogenese beitragen, davon ca. 30% (N = 39) mit direkter therapeutischer Konsequenz. Davon konnten 38% (N = 15) einer inflammatorischen Genese (CIAP, CIDP), 28% (N = 11) einer Vaskulitis, 18% (N = 7) einer Gammopathie und 29% einer sonstigen Pathogenese (u.a. toxisch, hereditär, Vaskulopathie) zugeordnet werden. 44% der Nervenbiopsien blieben ohne Konsequenz.

Schlussfolgerungen/Diskussion:

Etwa ein Drittel der Patienten mit einer chronischen DSP erhielt mittels der Nervenbiopsie eine therapierelevante Diagnose. Unter Berücksichtigung der allgemeinen und persönlichen Komplikationsrisiken einer Nervenbiopsie sollte die Indikation auch bei der chronischen DSP gestellt werden.