Klinische Neurophysiologie 2014; 45 - P25
DOI: 10.1055/s-0034-1371238

Autonome Dysregulation ist Ursache einer erhöhten systemischen Entzündungsreaktion bei Patienten mit asymptomatischer extrakranieller Karotisstenose

J Ehrhardt 1, S Finn 1, S Nowack 1, M Schwab 1, T Schultze 1, O Witte 1, D Hoyer 1, S Rupprecht 1
  • 1Universitätsklinikum Jena, Klinik für Neurologie, Jena, Deutschland

Fragestellung: Eine erhöhte systemische Entzündungsaktivität ist ein proarterogener Risikofaktor und verschlechtert das Outcome von Schlaganfall. Bei Patienten mit asymptomatischer Karotisstenose ist eine erhöhte systemische Entzündungsreaktion nachweisbar. Der Hintergrund dieser Assoziation ist unklar. Als Ursache wird eine vaskuläre Entzündungsreaktion im Rahmen des generalisierten arteriosklerotischen Prozesses sowie ein Zusammenhang mit anderen vaskulären Risikofaktoren (Diabetes mellitus, Adipositas, Hyperlipidämie) diskutiert.

Extrakranielle Karotisstenosen resultieren in einer autonomen Dysregulation mit einer Abnahme des vagalen Tonus aufgrund einer Stenose-vermittelten Störung der Chemo- und Barorezeptorfunktion. Ein verminderter vagaler Tonus verstärkt eine systemische Entzündungsreaktion.

Hypothese: Die systemische Entzündungsreaktion bei Patienten mit extrakranieller ist Folge einer Stenose-vermittelten autonomen Dysfunktion.

Ziele: Untersuchung der Beziehung zwischen Schweregrad der extrakraniellen Karotisstenose, systemischer Entzündungsreaktion anhand des Surrogatparamters C-reaktives Protein (CrP) und Indikatoren der autonomen Balance anhand der Herzfrequenzvariabiltät (HRV).

Methoden: Bei 96 Patienten (Durchschnittsalter = 65,9 ± 9,97 Jahre) mit asymptomatischer extrakranieller Karotisstenose (Stenosegrad: 50 – 100%) wurden aus einem 30 min Ruhe-EKG die HRV-Parameter in der Zeit- und Frequenzdomäne berechnet und die CrP-Serumkonzentrationen bestimmt.

Ergebnisse: Patienten mit höhergradigen Stenosen (> 70%) zeigten höhere (p < 0,04) CrP-Konzentrationen als Patienten mit niedrig- oder mittelgradiger Karotisstenose (< 70%).

Verminderter vagaler Tonus (Reduktion der hochfrequenten HRV-Anteile; p < 0,05) und steigender Stenosegrad (p < 0,04) waren unabhängige Prädiktoren einer erhöhten CrP-Konzentration in der multivariaten Regressionsanalyse. Alter, Geschlecht, Diabetes mellitus, Adipositas, Hyperlipidaemie sowie koronare Herzerkrankung (KHK) und periphere arterielle Verschlusserkrankung (pAVK) waren nicht mit erhöhten CrP-Konzentrationen assoziiert.

Schlussfolgerungen: Während in der Vergangenheit Entzündungsprozesse (z.B. im Zusammenhang mit metabolischem Syndrom) häufig als Auslöser von arterieller Endothelveränderungen resp. arteriosklerotischer Prozesse betrachtet wurden, konnte hier gezeigt werden, dass erhöhte systemische Entzündungsaktivität in manifesten Stadien der Arteriosklerose (d.h. mit zunehmendem Stenosegrad) stärker als in Vor- und Frühformen durch autonome Dysfunktion bedingt ist, da fortschreitende Stenosen im Bereich von Baro- und Chemozeptoren deren physiologisch adäquate Regelaktivität zunehmend verhindern (Minderaktivität der Barozezeptoren, Überaktivität der Chemorezeptoren).