Pneumologie 2014; 68 - P425
DOI: 10.1055/s-0034-1368014

Ist eine maligne Grunderkrankung immer eine absolute Kontraindikation für eine Lungentransplantationslistung? Eine Fallvorstellung

D Hartmann 1, D Theegarten 2, M Kamler 3, U Dührsen 4, H Teschler 1, U Sommerwerck 5
  • 1Ruhrlandklinik; Westdeutsches Lungenzentrum; Universitätsklinikum Essen
  • 2Institut für Pathologie und Neuropathologie; Universitätsklinikum Essen
  • 3Abteilung für Thorakale Transplantationschirurgie; Westdeutsches Herzzentrum; Universitätsklinikum Essen
  • 4Abteilung für Hämatologie; Universitätsklinikum Essen
  • 5Abteilung Pneumologie-Universitätsklinik, Ruhrlandklinik Essen – Westdeutsches Lungenzentrum, Universitätsklinik Essen, Universität Duisburg-Essen

Hintergrund:

Maligne Erkrankungen gelten als absolute Kontraindikation für eine Organtransplantation.

Dies wird sowohl mit einer deutlich reduzierten Lebenserwartung begründet als auch mit einem unkontrollierten Fortschreiten der malignen Erkrankung unter immunsuppressiver Therapie.

Fallbericht: Ein 62-jähriger Patient stellte sich mit progredienter Dyspnoe und abnehmender Leistungsfähigkeit bei bekannter idiopathischer Lungenfibrose (UIP, Erstdiagnose 01/2013) mit der Frage nach Listung zur Lungentransplantation (LTX) vor. Die Vitalkapazität hatte um 1,4 Liter (-23%) in den letzten 6 Monaten und die Gehstrecke von 416 m auf 67 m abgenommen. Wegen der fortschreitenden Hypoxämie wurde eine Sauerstofflangzeittherapie mit ansteigendem Flowbedarf von initial 2 l/min, später 4 l/min in Ruhe und 10 l/min bei Belastung eingeleitet. Eine Rechtsherzbelastung war nicht nachweisbar.

Im Rahmen der Listungsuntersuchungen fielen Wirbelkörperfrakturen bei normaler Knochendichte (T-Score L1-L4 – 1,1 SD 05/2013) auf, ohne dass ein Trauma erinnerlich war. Ein MRT von 12/2012 zeigte eine vermehrte Signalintensität auch der nichtfrakturierten Wirbelkörper, welches differentialdiagnostisch auf eine myeloproliferative Erkrankung hinwies. In der Immunfixation wurden grenzwertig monoklonale IgM-Antikörpern nachgewiesen. In der Knochenmarkpunktion zeigte sich ein indolentes niedrig malignes B-Zell-Non-Hodgkin-Lymphom. Nach hämatoonkologischer Konsultation wurde kein erhöhtes Risiko für Infektionen und einen Progress der Grunderkrankung nach LTX gesehen und der Patient am 16.08.2013 (aktueller LAS: 43,929 Punkte) zur Transplantation gelistet. Der Patient wurde Anfang September erfolgreich transplantiert. Bislang ist der Verlauf komplikationslos.

Schlussfolgerung: Indolente niedrig maligne Non-Hodgkin-Lymphome sind zwar maligne Erkrankungen, haben aber eine exzellente Prognose auch ohne Therapie. Primäre Vorgehensweise ist „Abwarten und Beobachten“ bei Fehlen von Beschwerden oder Organfunktionsbeeinträchtigungen. Wegen der guten Prognose und der nicht zu erwartenden Progression unter immunsuppressiver Therapie stellen sie im Gegensatz zu anderen malignen Erkrankungen keine absolute Kontraindikation für eine Organtransplantation dar.