Pneumologie 2014; 68 - P239
DOI: 10.1055/s-0034-1367891

Offene Lungentuberkulose in einer Kinderkrippe: ein Fallbericht über die praktische Umsetzung der aktuellen Empfehlungen zur Bekämpfung der Tuberkulose (TBC)

T Wibmer 1, U Storr 1, B Welzenbach 2
  • 1Gesundheitsamt der Stadt Augsburg
  • 2Josefinum Krankenhaus für Kinder und Jugendliche, Augsburg

Einleitung: Seit 2009 wird in Deutschland ein Anstieg der TBC-Erkrankungen bei Kindern beobachtet. Die höchste Inzidenz ist dabei in der Altersgruppe unter 5 Jahren zu verzeichnen. In Anbetracht des zunehmenden Ausbaus von Kinderkrippen stellen Strategien zur Bekämpfung der TBC bei Kindern eine möglicherweise zunehmende Herausforderung für das öffentliche Gesundheitswesen dar.

Fallbericht: Wir berichten über den Fall eines 2-jährigen Kindes, welches 3 Wochen nach einem einmonatigen Aufenthalt bei der mütterlichen Familie in Nigeria zunehmend Husten, Fieber und Nachtschweiß entwickelte. Im Magensaft gelang mittels Lichtmikroskopie, PCR und Kultur der Nachweis von M. tuberculosis ohne Hinweis auf Resistenzen gegen Erstrang-Medikamente. Da sich das Kind noch bis zur Diagnose der TBC über ca. 7 Wochen mit zuletzt ausgeprägter Hustensymptomatik regelmäßig in einer Kinderkrippe aufhielt, führte das Gesundheitsamt dort eine Umgebungsuntersuchung durch. Alle 23 Krippenkinder zeigten initial einen negativen Mendel-Mantoux (MM) bzw. Interferon-Gamma-Release-Assay (IGRA) Test und keine Hinweise auf eine aktive TBC, so dass bei den Kindern aufgrund des Alters unter 5 Jahren die Indikation zur Chemoprophylaxe bestand. Im Anschluss an 2 Informationsabende unter Mitwirkung des Gesundheitsamtes und der behandelnden niedergelassenen Kinderärzte entschlossen sich die Eltern von 18 Kindern für, sowie von 5 Kindern gegen eine Chemoprophylaxe mit Isoniazid (INH). Die Prophylaxe wurde bei 17 Kindern ohne relevante Unverträglichkeiten über 8 Wochen durchgeführt, bei einem Kind erfolgte ein Abbruch nach 6 Wochen aufgrund einer INH-Hepatitis. Die abschließenden MM- bzw. IGRA-Tests nach 8 Wochen zeigten bei allen 23 Kindern sowie den 9 Erzieherinnen ein negatives Ergebnis.

Schlussfolgerung: Nach intensiver Aufklärung befürworteten die Mehrzahl der Eltern eine Chemoprophylaxe für Ihre Kinder. Eltern sowie behandelnde Kinderärzte sollten verstärkt auf die Notwendigkeit regelmäßiger Laborkontrollen unter INH-Prophylaxe hingewiesen werden. Ein symptomunabhängiger MM-Test nach längerem Aufenthalt in Hochprävalenzländern mit engem Kontakt zur Bevölkerung wird von der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie empfohlen und sollte in ähnlichen Fällen bei Kindern erwogen werden.