Pneumologie 2014; 68 - P541
DOI: 10.1055/s-0034-1367826

Fehlendes Problembewusstsein für Inkontinenz-Symptome und ungenutzte medizinische Versorgung bei Männern und Frauen mit chronisch obstruktiver Lungenerkrankung (COPD)

B Köhler 1, J Lingemann 2, M Isler 3, D Passweg 3, G Weinreich 4, H Teschler 4
  • 1Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften Zhaw, Stadtspital Triemli Zürich, Schweiz
  • 2Patientenorganisation Lungenemphysem COPD Deutschland
  • 3Stadtspital Triemli Zürich
  • 4Ruhrlandklinik Westdeutsches Lungenzentrum, Universitätsklinikum Essen

Inhalt

Ziel unserer prospektiven Querschnittsstudie war, das Problembewusstsein für Symptome einer möglichen Harninkontinenz und die medizinische Versorgungslage bei Männern und Frauen mit COPD zu erfassen.

Methodik:

Es wurden 115 Teilnehmende mit COPD in einer Briefumfrage und 767 Teilnehmende mit COPD in einer Online-Umfrage erfasst. 113 Teilnehmende mit einer Tumorresektion bei Lungentumor Stadium1 wurden mit einer Briefumfrage als Kontrollgruppe eingeschlossen.

Prävalenz und Symptomatik von Harninkontinenz wurden mit dem Inkontinenzfragebogen ICIQ-UI SF erfasst und der subjektiven Wahrnehmung von Inkontinenzproblemen gegenübergestellt. Zudem wurde die medizinische Versorgung bezüglich Harninkontinenz erfragt.

Resultate

59,1% (68/115) der Teilnehmenden der COPD-Briefumfrage und 84,9% (652/768) der COPD-Online-Umfrage berichteten Symptome von Harninkontinenz gegenüber 38,9% (44/113) der Kontrollgruppe. Belastungsinkontinenz, also Harnverlust bei Husten, Niesen oder körperlicher Aktivität, war der dominante Inkontinenztypus und lag über dem Schnitt der Kontrollgruppe und publizierten Daten der Deutschen Normalbevölkerung.

Tab. 1: Typisierung der Harninkontinenz in beiden COPD-Gruppen. in der Kontrollgruppe und in der Deutschen Normalbevölkerung.

COPD

Brietumfrage

COPD

Online-Umfrage

Kontrollgruppe

Normalbevölkerung

Deutschland %

total n = 68 (%)

total n = 652 (%)

total n = 44 (%)

SUI

68/46 (67,6)

652/446 (68,4)

44/24 (54,5)

Männer

43/23(53,5)

223/132 (59,2)

14/7 (50,0)

12

Frauen

25/23 (92,0)

429/314 (73,2)

30/17 (56,7)

55

UUI

68/12 (17,6)

652/48 (7,4)

44/4 (9,1)

Männer

43/10 (23,3)

223/30 (13,5)

14/3 (21,3)

39

Frauen

25/2 (8,0)

429/18 (4,2)

30/1 (3,3)

14

MUI

68/6 (7,4)

662/123 (18,9)

44/12 (27,3)

Manner

43/5 (11,6)

223/28 (12,6)

14/2 (14,3)

49

Frauen

25/0

429/95 (22,1)

30/10 (33,3)

31

andere

68/(7,4)

662/36 (6,4)

44/4 (9,1)

Männer

43/5 (11,6)

223/33 (14,8)

14/2 (14,3)

Frauen

25/0

429/2 (0,5)

30/2 (6,7)

Legende SUI = Belastungsinkontinenz, UUI = Dranginkontinenz, MUI = Mischinkontinenz

74,2% bis 77,9% der inkontinenten Teilnehmenden waren noch nie wegen Inkontinenz beim Arzt, 14,0% bis 40,9% interpretierten ihre Symptome nicht als Inkontinenz. Lediglich 1,5% bis 16,6% der inkontinenten Teilnehmenden gaben an, regelmässig Beckenbodentraining durchzuführen.

Tab. 2: Kenntnisse zur Symptomatik und zu den Therapieoptionen bei den inkontinenten Teilnehmenden.

COPD

Briefumfrage
total n = 68 (%)

COPD

Online-Umfrage
total n = 652 (%)

Kontrollgruppe

total n = 44 (%)

Mangelhaftes
Bewusstsein für
Harninkonzinenz

Korrekt positive
Antwort

68, 44 (64.7)

652/560 (85.9)

44/25 (56.8)

Falsch negative
Antwort

68/24 (35.3)

652/91 (14.0)

44/18 (40.9)

Nicht erfolgter Arztbesuch
trotz Harninkontinenz

68/53 (77.9)

652/486 (74.2)

44/34 (77.3)

Beckenbodentraining
nicht bekannt

68/51 (75.0)

652/363 (55.7)

44/22 (50.0)

Regelmässiges
Durchführen von
Beckenbodentraining

68/1 (1.5)

652/108 (16.6)

44/7 (15.9)

Interpretation:

Harninkontinenz, insbesondere Belastungsinkontinenz, ist eine mögliche Komorbidität bei Männern und Frauen mit COPD. Ein großer Teil der Befragten war diesbezüglich ohne medizinische Versorgung.

Schlussfolgerung:

Gesundheitsfachpersonen sollten routinemässig Männer und Frauen mit COPD zu Inkontinenzsymptomen befragen und über Therapiemöglichkeiten informieren.