Z Geburtshilfe Neonatol 2014; 218(3): 98
DOI: 10.1055/s-0033-1362605
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Neonatologie
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Lungenfunktion – Langzeit-Effekte der neonatalen Hochfrequenz-Oszillations-Ventilation auf die Lungenfunktion

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Publication Date:
23 July 2014 (online)

Hintergrund: Sehr unreife Frühgeborene benötigen meist eine respiratorische Unterstützung. Zur Minimierung des Risikos für eine Bronchopulmonale Dysplasie (BPD) wird häufig die Hochfrequenz-Oszillations-Ventilation (HFOV) eingesetzt. Im Rahmen der „United Kingdom Oscillation Study“ (UKOS) wurden BPD-Rate und Mortalität bei mittels HFOV bzw. konventioneller Beatmung behandelten extrem unreifen Frühgeborenen untersucht. Eine Subgruppe dieser Kinder zeigte im korrigierten Alter von einem Jahr keine signifikanten Unterschiede in Lungenfunktionstests. Zivanovic et al. untersuchen bei ehemaligen UKOS-Kindern im Alter von 11–14 Jahren die Funktion der Atemwege.

Methoden: Initial nahmen an der randomisierten Multicenterstudie UKOS zwischen 1998 und 2001 797 Frühgeborene < 29 SSW teil. Zwischen 2012 und 2013 wurden 319 Jugendliche in die Follow-up-Studie eingeschlossen und mittels Lungenfunktionstests untersucht. 160 Kinder waren in der Neonatalperiode mittels HFOV und 159 mittels konventioneller Beatmung behandelt worden. Anhand eines von den Jugendlichen, ihren Eltern und Lehrern beantworteten Fragebogen wurden die respiratorische Gesundheit, die gesundheitsbezogene Lebensqualität sowie funktionelle Variablen evaluiert. Die Funktion der kleinen Atemwege wurde anhand des forcierten exspiratorischen Flusses bei 75 % der exspiratorischen Vitalkapazität (FEF75) beurteilt. Spirometrisch wurden außerdem FEF50 und FEF25, das forcierte exspiratorische Volumen in einer Sekunde (FEV1), der exspiratorische Peak-Flow (PEF) sowie die forcierte Vitalkapazität (FVC) gemessen. Der Widerstand des respiratorischen Systems wurde mittels Impuls-Oszillometrie und die funktionelle Residualkapazität (FRCHE bzw. FRCpleth) mittels Helium-Dilution bzw. Plethysmographie bestimmt.

Ergebnisse: Bei den Kindern der HFOV-Gruppe fand sich im Vergleich zu den konventionell beatmeten Kindern eine signifikant bessere Funktion der kleinen Atemwege (mittlerer Z-Score für FEF75 -0,97 vs.-1,19; adjustierte Differenz 0,23; 95 %-Konfidenzintervall [KI] 0,02-0,45) sowie signifikant bessere Ergebnisse für FEF25, FEF50, FEV1, PEF, die FEV1:FVC-Ratio, die Diffusionskapazität sowie die respiratorische Resistance bei 5 Hz. Signifikante Unterschiede hinsichtlich der gesundheitsbezogen Lebensqualität oder des Verhaltens wurden nicht beobachtet. Die Jugendlichen der HFOV-Gruppe berichteten häufiger emotionale Symptome (OR 2,50; 95 %-KI 1,13-5,56) und erhielten von ihren Lehrern signifikant höhere Bewertungen in 3 von 8 Schulfächern. Hinsichtlich des Bedarfs an sonderpädagogischer Förderung zeigten sich keine signifikanten Unterschiede zwischen den beiden Gruppen.

Fazit

Extrem unreife Frühgeborene, die in der Neonatalperiode mit HFOV versorgt worden waren, hatten im Alter von 11–14 Jahren im Vergleich zu den konventionell beatmeten Probanden eine bessere Funktion der kleinen (FEF75) sowie der großen Atemwege (FEV1, FEF50 und FEF25, Impuls-Oszillometrie). Entwicklungsneurologische Defizite konnten bei den mit HFOV-behandelten Kindern nicht beobachtet werden. Dass bei den Kindern der konventionellen Beatmungsgruppe keine Häufung respiratorischer Erkrankungen zu beobachten war, so die Autoren, sei auf die respiratorische Reserve in der Kindheit zurückzuführen. Allerdings sei bei diesen Kindern langfristig eine größere Vulnerabilität der Lungenfunktion anzunehmen.

Dr. Christian Weber, Künzell