Z Gastroenterol 2013; 51(11): 1339-1340
DOI: 10.1055/s-0033-1362045
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Germany Rotary Volunteer Doctors – Auslandseinsatz in Ghana

Walter Frasch
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
20. November 2013 (online)

Das bng-Mitglied Dr. Walter Frasch berichtet über einen Auslandseinsatz, den er gemeinsam mit seiner Ehefrau, der Allgemeinmedizinerin Dr. Susanne Frasch, und seiner Tochter, der Medizinstudentin im 3. Semester, Anna Frasch, vom 18. August 2012 bis zum 8. September 2012 im Presbyterian Hospital im ghanaischen Agogo absolviert hat. Anlass war eine kleine Anzeige im Deutschen Ärzteblatt im Herbst 2011. Gesucht wurde ein Internist, der dem ghanaischen Kollegen Dr. Nimako Sarpong das Gastroskopieren und Sonografieren beibringt. Hier sein Bericht:

Den Kontakt stellten wir über Dr. Katja Koester aus Dortmund her, die im April 2011 die Klinik in Agogo besucht hatte. Vor Ort hatte sie die Kollegen Dr. Gerhard Markus und Dr. Paul Dechamps getroffen, die als Mitglieder der Germany Rotary Volunteer Doctors (GRVD) in diesem Krankenhaus erstmals das Endoskopieren des oberen Verdauungstraktes einführen wollten. Die dazu nötige Ausrüstung hatten sie aus gebrauchten deutschen Beständen mitgebracht.

Der ausführliche Bericht des Kollegen Dr. Markus über seine Zeit von März bis April 2011 in Ghana sowie persönliche Gespräche waren äußerst hilfreich. Seine Einschätzungen waren sicherlich eine wichtige Voraussetzung, um überhaupt in der relativ kurzen Zeit von drei Wochen tätig werden zu können. Ohne die organisatorische Unterstützung der GRVD hätten wir die bürokratischen Hindernisse vor einem Einsatz in Ghana nicht überwinden können.

Die Anreise in die ghanaische Hauptstadt Accra verlief problemlos. Von dort aus ging es am nächsten Tag etwa fünf bis sechs Stunden durch das hügelige Hinterland zum Krankenhaus von Agogo, wo wir von Dr. Salomon Mamo, dem Chef der Chirurgie, und Dr. Nimako Sarpong herzlich empfangen wurden. Unsere Unterkunft befand sich auf dem Krankenhausgelände. Nach ein paar Tagen Eingewöhnung hatten wir uns auf das ghanaische Englisch eingestellt und das völlig andere Spektrum der akuten Erkrankungen kennengelernt.

Unser Tag begann jeden Morgen um 7 Uhr 30 mit der Morgenvisite auf der Aufnahmestation. Bei dieser Gelegenheit sahen wir die Neuaufnahmen und wurden über Notoperationen (meist Kaiserschnitte) informiert. Nach der Morgenvisite führten wir Sonografien bei akuten Problemen und bei den Neuaufnahmen durch. Wir konnten Patienten einbestellen, die uns interessant erschienen.

Endoskopische Untersuchungen

Anschließend ging es in die „Endoskopie“, die in einem Raum der Operationsabteilung untergebracht war. Vorhanden waren zwei Standardfiberendoskope und ein paediatrisches Endoskop. Ein weiteres paediatrisches Endoskop hatten wir aus GRVD Beständen mitgebracht. Die Endoskope hatten schon etwas gelitten: Die Optik war durch Faserbrüche beeinträchtigt, der Bowdenzug bei einem Standardendoskop so gelängt, dass eine Inversion kaum mehr möglich war. Ein Endoskop zeigte Bissspuren im Einführungsteil. Anfangs gab es wegen Schwankungen im Stromnetz Bildstörungen, die durch einen „Stabilizer“ behoben werden konnten. Dennoch blieb die Bildqualität unbefriedigend. Wir hatten einen Teachingaufsatz mitgebracht, was erstmals eine endoskopische Kontrolle des Schülers möglich machte, aber die Lichtverhältnisse verschlechterte.

Laut Dokumentationsbuch wurden 180 ÖGD‘s in 2011 durchgeführt, davon 100 während des Einsatzes der GRVD-Kollegen. In 2012 waren es bis zu unserem Eintreffen 36 Untersuchungen. Wir haben dann gemeinsam mit Dr. Sarpong 37 ÖGD‘s durchgeführt. Fast alle untersuchten Patienten waren über Monate bis Jahre mit Omeprazol vorbehandelt. So fand sich kein Ulcus, einzelne Fälle mit Narbenbulbus, eine echte Hiatushernie mit Schatzkiring, eine Duodenalstenose bei einem Pankreaskopftumor.

Jeweils nach Autoklavierung der einzigen Biopsiezange wurden vier Ureaseteste durchgeführt, davon waren zwei positiv, zwei negativ (davon einer nach HP-Eradikation). Wir hatten XyloRachenspray mitgebracht, zusätzlich wurde Dormicum i. v. bis max. 5 mg verabreicht. Dem Kollegen wurde gezeigt, dass sich Midazolam in einer 1 mg / ml Verdünnung besser titrieren lässt als in der bisher verwendeten 15 mg / 3 ml Konzentration. Die Geräteaufbereitung erfolgte mit einer vom Krankenhausapotheker empfohlenen Lösung aus Großbritannien. Meine Recherche zu Hause ergab jedoch, dass diese nicht geeignet ist. Den entsprechenden Schriftwechsel habe ich sofort an Dr. Sarpong weitergemailt und es wird nach einem Ersatz gesucht.


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Sonographische Diagnostik

In einem kleinen klimatisierten Raum im Bereich der Aufnahmestation standen vier Sonographie-Geräte zur Verfügung. Ein Picker-Gerät mit 3,0 Mhz Linearschalkopf war abgedeckt, erwies sich aber nach dem Hochfahren als noch funktionstüchtig. Ein Gerät der Fa. Kranzbühler zeigte kein Bild. Im täglichen Einsatz befand sich ein neueres, vermutlich chinesisches Gerät mit befriedigendem Bild im geburtshilflichen Bereich und darüber hinaus ein etwa 15 bis 20 Jahre altes Aloka SSD 500 Gerät mit 3,5 Mhz Schallkopf. Im Schrank fand ich dazu passend einen fast neuen 5 Mhz Schallkopf.

Wir haben an etwa 280 Ultraschalluntersuchungen mitgewirkt. Standarduntersuchungen waren geburtshilfliche Screening-Untersuchungen, die von der Krankenversicherung bezahlt und auch gerne in Anspruch genommen wurden. Wir konnten den Kollegen in der täglichen Arbeit zeigen, wie hilfreich der abdominelle Ultraschall ist. Typisch waren mehrere Fälle mit pathologischen Darmkokarden, perforierte Appendizitis, Pankreaskopf RF mit Cholestase und aufgeweitetem Pankreasgang, Vollbild eines Ileus bei inkarzerierter Leistenhernie.

Bei den Lebererkrankungen fanden sich ferner junge Männer mit fortgeschrittener Leberzirrhose, teilweise mit Hepatomen. Unklares Fieber stellte sich als großer Leberabszess sowie Lymphome mit grotesker Splenomegalie und retroperitonealen Lymphomen heraus. Ich konnte demonstrieren, dass große Lebern Folge einer Herzinsuffizienz sein können.

Es gab täglich überraschende Befunde und die jüngeren Assistenten, die nach ihrem Studium in Kumasi fachlich fit erschienen, präsentierten mir immer wieder „Knobelfälle“, darunter auch nicht-sonographische Problemfälle von ihren Stationen. Unbefriedigend war, dass meist die Möglichkeiten zur weiteren Abklärung oder zur möglichen Therapie fehlten. Dennoch schienen die jungen Kollegen durchaus interessiert an fachlichen und differentialdiagnostischen Diskussionen.


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Großes Interesse der Kollegen

Sie erschienen, wenn immer möglich um 16 Uhr zur Sonographie-Demonstration von aktuellen Fällen. Nach anstrengenden Nachtdiensten, der Versorgung einer Station und einem Tag in der Krankenhausambulanz mit manchmal 80 bis 90 ambulanten Patienten war das durchaus bemerkenswert. Täglich um 15 Uhr gab meine Frau einen Einführungskurs, der während unseres Aufenthaltes sehr dankbar wahrgenommen wurde. Aus benachbarten Krankenhäusern kamen zwei Krankenpfleger und aus einem entfernteren Haus eine Krankenschwester zur Einführung in den abdominellen Ultraschall.

Die Endoskopie in Agogo bleibt schwierig: Ohne ständige Supervision mit rasch verschleißenden Endoskopen ein für die Patienten hilfreiches Angebot für eine Gastroskopie aufzubauen halte ich für schwierig. Wenn man im Alltag die Versorgung von Patienten mit Oberbauchbeschwerden verbessern wollte, wäre als erster Schritt eine „Test and Treat“ Strategie effizienter mit der Endoskopie-Option bei Problemen.

Wir fühlten uns im Krankenhaus von Agogo gut angenommen. Der Manager, Mr. Kessi, war stets ansprechbar. Die Arztkollegen waren trotz ihres großen Routinepensums immer sehr aufgeschlossen. Der Aufenthalt in Ghana war zeitweise anstrengend, aber schön. Die Menschen sind überaus freundlich und haben uns sehr herzlich aufgenommen. Im Krankenhaus hat man uns offen empfangen und auch beim Reisen wurde uns immer wieder weitergeholfen. Wir fühlten uns stets sicher in dieser sehr neuen und fremdartigen Welt und werden gerne wiederkommen.

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Blick auf den Eingang der Notaufnahme des Agogo Presbyterian Hospitals.
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Operationssaal in Agogo.
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Beim Sonographie-Kurs erläuterte Dr. Susanne Frasch den Kollegen, wie nützlich der abdominale Ultraschall ist.
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Dr. Nimako Sarpong und Dr. Frasch bei der Demonstration einer ÖGD mit Teaching-Aufsatz.

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