B&G Bewegungstherapie und Gesundheitssport 2014; 30(02): 51
DOI: 10.1055/s-0033-1361573
Editorial
Haug Verlag in MVS Medizinverlage Stuttgart GmbH & Co. KG Stuttgart

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Katharina Eckert
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Publication Date:
17 April 2014 (online)

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Liebe Leserinnen, liebe Leser,

„30 Minuten moderate Aktivität an mindestens 5 Tagen in der Woche“, so lautet die aktuelle Bewegungsempfehlung der WHO für eine gesunde Lebensführung.

Wir freuen uns, mit dieser B & G ein Thema aufgreifen und verantworten zu dürfen, das in den vergangenen Jahren berechtigt verstärkte Aufmerksamkeit erfährt.

Es existiert umfangreiche Evidenz, dass körperliche Aktivität zur Aufrechterhaltung und Wiederherstellung von Gesundheit eine wichtige Ressource ist. Demzufolge besteht interdisziplinär ein hohes Interesse, körperliche Aktivität in Art und Umfang adäquat zu erfassen, um die Wirkzusammenhänge valide abbilden zu können und zielgerichtet Bewegungsempfehlungen formulieren zu können.

Mit Blick auf die eingangs zitierte Empfehlung stellen sich einige grundsätzliche Fragen: „Was fällt unter körperliche Aktivität?“ „Was bedeutet in diesem Kontext ‚moderat‘?“ „Welcher Outcome soll erfasst werden? Ist es der reine Energieumsatz oder die Zeiteinheit? Oder ist nicht ebenso wichtig zu erkennen, wo sich eine Person bewegt, welche Qualität im Sinne der Funktionalität seine ‚Aktionen‛ haben?“

Diese und weitere Fragen verdeutlichen, dass es nicht die „perfekte“ Methode geben kann, um körperliche Aktivität zu erfassen. Das zu nutzende Instrument ist vielmehr immer in Abhängigkeit vom zu messenden Merkmal (Outcome), der Zielgruppe, dem Anwendungsbezug und den abzubildenden Domänen situations- und fallbezogen zu wählen. Je nach Bedarf fällt die Wahl dabei auf ein objektives Verfahren, beispielsweise Akzelerometer oder Herzfrequenzmesser, oder auf ein subjektives, wie Fragebogen oder Bewegungstagebücher. In manchen Fällen ist eine kombinierte Erhebung mit beiden Verfahren angezeigt.

Aktuell wird bei der Messung körperlicher Aktivität eine Zielgruppenspezifik noch zu wenig berücksichtigt. Zwei Gründe könnten hierfür ausgemacht werden:

  1. Es besteht kaum Einigkeit über die Definition körperlicher Aktivität bzw. des zu messenden Outcomes.

  2. Es mangelt an spezifischen Assessmentinstrumenten.

Ohne einheitliche Auslegung der Begrifflichkeit „körperliche Aktivität“ und mit Blick auf die oben gemachten Anmerkungen wird verständlich, warum die meisten bestehenden Erfassungsmethoden den zu messenden Gegenstand für gesundheitssportliche Fragestellungen teilweise nur ungenügend abbilden.

Für die weitere Erforschung des Aktivitäts- und Inaktivitätsverhaltens hinsichtlich der Prävalenz, der Einschätzung der Evidenz für Gesundheit und Lebensqualität und der Ableitung von Empfehlungen für Teilpopulationen sowie zur Erfolgsbeurteilung von Interventionen ist die akkurate Messung körperlicher Aktivität inklusive körperlicher Inaktivität von zentraler Bedeutung. Die Autorinnen und Autoren der vorliegenden B & G mit dem Themenschwerpunkt „Aktivitätsmessung“ nähern sich der Thematik aus unterschiedlichen Perspektiven an.

Im 1. Beitrag skizziert die Arbeitsgruppe um Moschny et al. (S. 54), dass die differenzierte Betrachtung der körperlichen Aktivität in verschiedenen Aktivitätsbereichen wichtige Informationen über geschlechtsbezogene Unterschiede im Aktivitätsverhalten Älterer liefert.

Antoniewicz und Kollegen gehen in einer Online-Umfrage an 368 Personen der Frage nach, welchen Einfluss ein Logo und Beispielangaben auf die Angabe körperlich-sportlicher Aktivität bei selbstberichteten Daten haben (S. 61).

Der Artikel aus Leipzig stellt die Ergebnisse einer Studie dar, die die Messgenauigkeit eines akzelerometerbasierten Multisensorgeräts zur Energieumsatzbestimmung bei normalgewichtigen, übergewichtigen und adipösen Personen überprüft (S. 66).

Aus dem Bereich Praxis konzentrieren sich Hey et al. in ihren Darstellungen auf die Möglichkeiten und Grenzen der Akzelerometrie zur Erfassung körperlicher Aktivität aus technischer Sicht (S. 73). Anschließend stellen Jekauc et al. von der Universität Konstanz unterschiedliche Methoden der Aktivitätsmessung bei Kindern und Jugendlichen dar, unter Berücksichtigung der jeweiligen Vor- und Nachteile (S. 79).

Zum Abschluss (S. 91) sind die Abstracts zu den Vorträgen des Symposiums „Bewegung messen“ zu lesen, das im Februar dieses Jahres in Heidelberg stattfand. In 11 Kurzbeiträgen präsentierten Referenten aus unterschiedlichen Blickwinkeln Beiträge zum Tagungsthema.

Insgesamt spiegelt sich in dieser Ausgabe die lebhafte Diskussion in Wissenschaft und Praxis wider, die über dieses Thema entfacht ist. Wir laden alle Leserinnen und Leser herzlich ein, mit uns zu diskutieren und den Kenntnisstand zum Thema „Aktivitätsmessung“ weiter auszugestalten. Ein großes Dankeschön geht an alle Autorinnen und Autoren für die gute und konstruktive Zusammenarbeit beim Erstellen dieser Ausgabe.

Viel Vergnügen mit dieser B & G!

Ihre

Katharina Eckert & Martin Lange