Hintergrund: Seit 2005 soll das Neugeborenenscreening (NGS) nach den Regelungen der „Kinderrichtlinie“
durchgeführt werden. Danach sind Frühgeborene (FG) unter 32 Schwangerschaftswochen
(SSW) im Alter von 36 – 72 Stunden ein erstes und im Alter von 32 SSW ein zweites
Mal zu screenen. Dies ist besonders wichtig, um eine Hypothyreose, deren Prävalenz
bei den kleinen Frühgeborenen um den Faktor 4 erhöht ist, nicht zu übersehen.
Methode: Die Deutsche Gesellschaft für Neugeborenenscreening (DGNS) evaluiert das NGS für
ganz Deutschland hinsichtlich der Prozessqualität bei der Umsetzung dieser Richtlinie.
Basis der vorliegenden Auswertung sind die Daten aller 4 Mio. in den Jahren 2006 –
11 in Deutschland gescreenten Kinder.
Ergebnis: In Deutschland werden nahezu alle Neugeborenen mit einer hohen Prozessqualität gescreent.
Allerdings wurden die FG nur zu 85% wie vorgesehen im Alter von 32 SSW ein zweites
Mal gescreent. Von 60 kleinen FG mit Hypothyreose wurden 26 im Screening nicht entdeckt,
da bei Ihnen kein zweites Screening im Alter von 32 SSW abgenommen worden war. Bei
weiteren 3 Kindern war das Screening mit 32 SSW noch unauffällig. Von den im Screening
entdeckten Hypothyreosen hatten 15 ein unauffälliges Erstscreening, aber einen auffälligen
Befund im zweiten Screening mit 32 SSW, 16 ein auffälliges Erstscreening.
Diskussion: Ob die erhöhte Prävalenz der Hypothyreosen passagere oder permanente Formen betrifft
ist derzeit unklar. Sicher ist jedoch, dass diese Kinder zumindest vorübergehend behandelt
werden müssen. Eine Voraussetzung hierfür ist die konsequente Umsetzung der Richtlinie
mit einem Kontrollscreening im Alter von 32SSW.
Fazit: Ein Kontrollscreening im Alter von 32 SSW wird bei 15% der FG nicht oder zu spät
durchgeführt. Dies birgt für kleine FG mit Hypothyreose ein unnötiges Risiko, im Screening
nicht entdeckt zu werden und auf Grund eines verspäteten Therapiebeginns Hirnschädigungen
zu erleiden. Strategien zur Verbesserung der Prozesse sollten diskutiert werden.