Z Geburtshilfe Neonatol 2013; 217 - V16_6
DOI: 10.1055/s-0033-1361294

Hilfen für Familien mit Frühgeburt und weit entferntem Heimatort – Vorstellung einer qualitativen Studie

O von Rahden 1, J Seidenberg 2, J Rieforth 3
  • 1Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin, Klinikum Oldenburg, Neonatologie, Oldenburg, Germany
  • 2Klinik für Pädiatrische Pneumologie und Allergologie, Neonatologie und Intensivmedizin Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin, Oldenburg, Germany
  • 3Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, Center für lebenslanges Lernen, Oldenburg, Germany

Fragestellung: In Deutschland werden 9% aller Kinder zu früh geboren. Bedingt durch die zentralisierte Versorgung in Perinatalzentren, liegt der Wohnort der Eltern oft in großer Entfernung zur Klinik. Die Studie untersucht, welche Bedeutung der Wohnortnähe zum Perinatalzentrum zukommt und welche Lösungsansätze Eltern entwickeln, um trotz großer Entfernung zur Klinik eine fundierte Eltern-Kind-Bindung aufzubauen. Weiter wird untersucht, welche Rolle dem sozialen Umfeld zukommt und welche Risikofaktoren die Bewältigung dieser Lebensphase erschweren.

Methoden: Befragt wurden 12 Elternpaare, deren Kind vor der 33. SSW geboren wurde und < 1500 g wog. Die Befragung erfolgte zu drei Zeitpunkten mittels problemzentrierter Interviews (Witzel). Die Auswertung der Daten wurde nach der qualitativen Inhaltsanalyse (Mayring) mit dem Programm MAXqda durchgeführt.

Ergebnisse: Eltern mit weit entferntem Heimatort nahmen zumeist das Angebot einer kliniknahen Unterkunft in Anspruch. Dies ging mit einer längerfristigen Trennung der Familie einher. Die Bewältigung dieser Situation erforderte ein hohes Maß an Flexibilität und Anpassungsfähigkeiten aller Familienmitglieder. Die rasche Etablierung einer neuen Alltagsstruktur und tragfähige Unterstützungssysteme waren hier bedeutsame Faktoren. Kliniknah wohnende Eltern wiesen ähnliche Belastungen auf.

Schlussfolgerung: Die wochenlange Behandlung frühgeborener Kinder stellt eine extreme Belastungssituation für Familien dar. Das Vorliegen von Risikofaktoren im psychischen und/oder sozialen Bereich hat negative Auswirkungen auf den Bindungsaufbau und die Verarbeitung dieser Lebensphase. Die große Entfernung zum Heimatort stellt eine Schwierigkeit dar, der durch das Angebot kliniknaher Unterkünfte begegnet werden kann. Das frühzeitige Aufdecken individueller Risikofaktoren ermöglicht es, adäquate Hilfsangebote im Rahmen einer interdisziplinären Betreuung vorzuhalten. Gefördert wird die Studie von der Kroschke Stiftung für Kinder.