Z Geburtshilfe Neonatol 2013; 217 - V16_3
DOI: 10.1055/s-0033-1361291

Psychische Auswirkungen der drohenden Frühgeburt im Langzeitverlauf: Stress, psychische Symptome und Erschöpfung unter Berücksichtigung von Risiko- und Schutzfaktoren

S Oddo 1, K Schermelleh-Engel 2, C Schalk 1, 2, S Striegler 1, 2, AK Rackur 1, C Rütschle 1, K Kaufer 1, F Fornoff 1, AK Kämpf 1, MM Raich 1, T Ernst 1, F Louwen 1
  • 1Uniklinik Frankfurt, Geburtshilfe, Frankfurt, Germany
  • 2Universität Frankfurt, Psychologische Fakultät-Methodenlehre, Frankfurt, Germany

Fragestellung: Die drohende Frühgeburt ist eine Belastung für werdende Eltern und hat auf psychischer Ebene weitreichende Folgen. Bisher existieren kaum prospektive Studien, die das Stresserleben sowie die psychische Belastung von Eltern bei drohender Frühgeburt umfassend untersuchen.

Methodik: In einer Langzeitstudie werden zu vier Messzeitpunkten prä-und postpartal biologische und psychologische Stressparameter, psychische Erschöpfung, Depression, Angst sowie traumatische Erlebnisse untersucht. Schwangere mit drohender Frühgeburt (Risikogruppe, stationäre Patienten mit drohender früher Frühgeburt = FF< 32. SSW; spätere Frühgeburt = SF> 32. SSW), werden mit einer Kontrollgruppe verglichen (Schwangere ab der 37. Woche, die sich ambulant zur Geburt anmelden ohne drohende Frühgeburt). Zahlreiche Risiko- und Schutzfaktoren wie Persönlichkeitsvariablen, Partnerschaftsqualität oder soziale Unterstützung werden erfasst. Auch die werdenden Väter werden untersucht.

Ergebnis: Bisher wurden 78 Mütter untersucht (davon Risikogruppe: N = 45). Die Risikogruppe (v.a. FF) ist präpartal signifikant depressiver, ängstlicher und gestresster sowie psychisch erschöpfter als die Kontrollmütter. Die Cortisolanalysen zeigen leichte Unterschiede im biologischen Stressmaß. Mütter mit drohender Frühgeburt erleben sich zudem weniger selbstwirksam was die Schwangerschaftssituation angeht. Bei 30 Patienten, die bereits postpartal untersucht wurden, zeigte sich bei der Risikogruppe (v.a. FF) eine Erhöhung des Stresserlebens, der Angst und Depression während bei der Kontrollgruppe die psychische Erschöpfung deutlich abnimmt.

Schlussfolgerung: Die vorläufigen Daten weisen auf ein deutlich erhöhtes Stresserleben und verschiedene psychische Symptome bei Müttern mit drohender Frühgeburt hin. Auch zeigen sich erste Differenzierungen zwischen drohender früher und später Frühgeburtssituation. Die Dringlichkeit psychologischer Interventionen in geburtshilflichen Abteilungen mit hoher Frühgeburtlichkeitsprävalenz wird deutlich.