Z Geburtshilfe Neonatol 2013; 217 - V11_4
DOI: 10.1055/s-0033-1361257

Hebammenarbeit in der Situation des Schwangerschaftsabbruchs im zweiten und dritten Trimenon – eine Grounded Theory Studie mit Hebammen eines Schweizer Universitätsspitals

G Hasenberg 1
  • 1ZHAW, Institut für Hebammen, Winterthur, Switzerland

Der Schwangerschaftsabbruch im zweiten und dritten Trimenon bedeutet die vaginale Geburt des Fötus, zu der die Frau die Unterstützung einer Hebamme braucht wie zu einer normalen Geburt. Dem verbesserten Angebot pränataler Diagnostik stehen nach wie vor begrenzte Therapiemöglichkeiten gegenüber. Dies führt Frauen und ihre Familien immer häufiger vor die Entscheidung für ein Leben mit einem behinderten/kranken Kind oder zum Abbruch der Schwangerschaft. Für Hebammen ist dieser Aspekt des Berufes in der Regel weit ab von den Berufsvorstellungen zu finden, die für sie bei der Berufswahl leitend waren.

Fragestellung: „Wie erleben Hebammen die Begleitung von Frauen in der Situation des späten Schwangerschaftsabbruchs“?

Methodik: In einer qualitativen Studie wurden narrative Interviews mit 9 Hebammen der Gebärabteilung eines Schweizer Universitätsspitals geführt. Grounded Theory diente als Analyseverfahren. Zur Anwendung kam die von Anselm Strauss weiterentwickelte Variante der Methode mit dem vom ihm in Zusammenarbeit mit Juliet Corbin ausgearbeiteten Regelwerk der Datenanalyse.

Ergebnis: Als zentrales Phänomen wurde das Bestreben der Hebammen erkannt, eine würdevolle Begegnung zwischen Frau und Kind zu vermitteln. Intervenierende Bedingungen für dieses Bestreben sind:

  • Emotionale Nähe/emotionale Distanz zur Frau/zum Paar

  • Verständnis/Unverständnis für die Entscheidung

  • Souveränität/Unsicherheit in der professionellen Rolle

  • Emotionale und physische Sicherheitsanforderungen der Frau

Schlussfolgerung: Durch die Vermittlung der Begegnung zwischen der Frau und dem Kind wird eine Sinnstiftung für den Prozess der Geburt erreicht, die dazu beiträgt, das Ereignis als etwas Sinnhaftes zu erinnern.

Die Ergebnisse der Studie dienen der Hypothesenbildung für weitere Untersuchungen über den regional begrenzten Raum hinaus.

Weiterer Forschungsbedarf besteht hinsichtlich der Bedeutung des Fetozids sowie der Perspektive betroffener Frauen.