Z Geburtshilfe Neonatol 2013; 217 - V09_6
DOI: 10.1055/s-0033-1361246

Ernährung Früh- und kranker Neugeborener: Bakterien in der Muttermilch – Freund oder Feind?

L Mense 1, M Rüdiger 1
  • 1Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden, Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Abteilung für Neonatologie und pädiatrische Intensivmedizin, Dresden, Germany

Die Vorteile der Ernährung von Früh- und kranken Neugeborenen mittels Muttermilch sind gut untersucht. Kontrovers diskutiert wird die Bedeutung einer bakteriellen Besiedlung von abgepumpter und gelagerter Muttermilch.

In einer eigenen Untersuchung zur Häufigkeit der bakteriellen Besiedlung abgepumpter Muttermilch zeigte sich eine Gesamt-Konzentration von > 100.000 CFU/ml (colony forming units/ml) in 23% der untersuchten Proben bei Müttern von Frühgeborenen < 32 SSW. Weitere 17% der Proben enthielten > 10.000 CFU/ml potentiell pathogener Keime, aber < 100.000 CFU/ml Gesamt-Konzentration. Es konnte dargestellt werden, dass der Prozess des Abpumpens und die weitere Verarbeitung in der Milchküche die Bakterien-Konzentration nicht beeinflusst.

Während die Angst vor einer bakteriellen Infektion für eine Pasteurisierung bei Vorliegen einer bakteriellen Besiedlung sprechen würde, mehren sich die Hinweise in der Literatur, dass das Pasteurisieren die Inzidenz einer late-onset Sepsis nicht reduzieren kann und die Aussagekraft von mikrobiologischen Kulturen der Muttermilch sehr eingeschränkt ist. Weiterhin gibt es zunehmende Hinweise, dass es in der späten Schwangerschaft zu einer natürlichen bakteriellen Migration aus dem mütterlichen Darm in das Brustdrüsengewebe kommt und damit möglicherweise die Darm-Kolonisation des Neugeborenen unterstützt wird.

Ausgehend davon, dass Muttermilch physiologisch nicht als sterile Flüssigkeit anzusehen sondern mit verschiedenen Bakterien besiedelt ist, wird ein Vorgehen bei Früh- und kranken Neugeborenen vorgestellt und auf der Grundlage der aktuellen Literatur diskutiert.