Z Geburtshilfe Neonatol 2013; 217 - V08_5
DOI: 10.1055/s-0033-1361238

Dosisabhängige Beeinträchtigung des Fetalwachstums nach antenataler Lungenreifeinduktion mit Betamethason bei Zwillingen

H Gil 1, T Harder 2, 3, B Tutschek 4, 5, DM Sloboda 6, A Plagemann 1, 3, W Henrich 1, T Braun 1, 3
  • 1Charité – Universitätsmedizin, Klinik für Geburtsmedizin, Berlin, Germany
  • 2Klinik für Geburtsmedizin, Berlin, Germany
  • 3Charité Universitätsmedizin, Abteilung 'Experimentelle Geburtsmedizin', Berlin, Germany
  • 4Heinrich Heine University, Klinik für Geburtsmedizin, Düsseldorf, Germany
  • 5Ultraschall Freie Strasse, Basel, Switzerland
  • 6McMaster University, Institute für Biochemie und Biomedizin, Geburtshilfe & Gynäkologie und Pädiatrie, Hamilton, Canada

Ziel: Untersuchung der Effekte verschiedener Betamethason (BET)-Dosierungen zur antenatalen Lungenreifeinduktion (LRI) auf das fetale Wachstum, das neonatale Überleben und die Plazenta bei Zwillingen.

Methodik: Retrospektive Studie: Gemini, deren Mütter zwischen 23+5 und 34+0 Schwangerschaftswoche (SSW) BET erhalten haben (n = 661), wurden mit gleichaltrigen Kontroll-Gemini (n = 1277) verglichen. Die Effekte von BET auf das fetale Wachstum, die Apgar-Scores, neonatalen Nabelschnurblutgase, Morbidität und Mortalität und die Plazenta wurden im Zwillingsmodell analysiert. Eine Dosisabhängigkeit wurde für folgende BET-Gruppen untersucht: ≤16 mg,= 24 mg, ≥24 mg. Für relevante maternale Faktoren und Perzentilen des Ultraschallschätzgewichtes bei BET-Erstgabe wurde adjustiert.

Ergebnisse: BET führte bei frühgeborenen Gemini zu einer sig. Reduktion des Geburtsgewichts (5%), der Länge (3%), des Kopfumfanges (2%) und des Plazentagewichts (6%). In Ultraschall-Folgeuntersuchungen ließ sich eine Reduktion des Schätzgewichtes bereits 20 d nach BET-Gabe nachweisen.

Bei männlichen Paaren waren höhere BET-Dosierungen (≤16 mg vs. 24 mg) mit einem größeren Risiko für ein Gewicht < 10. Perzentile assoziiert. Im Vergleich zur Kontrollgruppe führte BET zu keiner sig. Verbesserung der Apgar-Scores oder Nabelschnurblutgase. Die Gabe höherer BET-Dosierungen (≥24 mg) war mit einem sig. größeren Risiko für einen Apgar 1- und 5-Minuten-Score < 7 assoziiert. 40% der BET-behandelten Gemini wurden nach 34+0 SSW entbunden, 14% nach 37+0 SSW.

Schlussfolgerung: Antenatales BET war mit einer dosisabhängigen Reduktion des fetalen Wachstums assoziiert. Höhere BET-Dosierungen bei männlichen Paaren führten zu einer stärkeren Geburtsgewichtsreduktion ohne zstl. Verbesserung der Apgar-Scores. Ein sorgfältiges Abwägen der individuellen Notwendigkeit zur LRI ist ratsam. Weitere, klinisch-experimentelle Untersuchungen zur Wirksamkeit und den möglichen Nebeneffekten antenataler LRI bei Mehrlingen sind dringend notwendig.