Z Geburtshilfe Neonatol 2013; 217 - V03_5
DOI: 10.1055/s-0033-1361203

Behandlungsfehlervorwürfe in der Pädiatrie: Begutachtung durch den MDK Baden-Württemberg in den Jahren 2000 bis 2012

T Böhler 1
  • 1Medizinische Fakultät Mannheim der Universität Heidelberg, Heidelberg, Germany

Fragestellung: Seit über 20 Jahren haben die gesetzlichen Krankenkassen die Möglichkeit, auf der Basis von §66 SGB V ihre Versicherten bei der Verfolgung von Schadensersatzansprüchen, die bei der Inanspruchnahme von Versicherungsleistungen aus Behandlungsfehlern entstanden sind, zu unterstützen. Zur Klärung der damit in Zusammenhang stehenden medizinischen Fragen wird häufig der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) eingeschaltet. Von den Krankenkassen wird der MDK gem. §116 SGB X auch direkt mit der Begutachtung von Behandlungsfehlervorwürfen beauftragt.

Methodik: Begutachtung durch einen pädiatrischen Fachgutachter des MDK Baden-Württemberg mit folgenden Fragestellungen: (a) Liegt eine Verletzung der ärztlichen Sorgfaltspflicht vor? (b) Ist bei dem Versicherten dadurch ein materieller oder immaterieller Schaden eingetreten? (c) Besteht ein spezifischer, ursächlicher Zusammenhang zwischen einer Sorgfaltspflichtverletzung und dem eingetretenen Schaden? Deskriptive Statistik gemäß Standard des Aktionsbündnisses Patientensicherheit.

Ergebnis: Von 1.7.2000 bis 31.12.2012 kamen etwa 300 Behandlungsfehlervorwürfe zur Begutachtung. 30% der Fälle betraf Fragen zum Schädigungsbild des Neugeborenen und Kausalitätsprüfungen bei Vorwürfen an Geburtshelfer. Etwa 60% der Vorwürfe galten Pädiatern. Häufige Themencluster waren: Vorsorgeuntersuchungen und Screeningtests; Fehldiagnosen, verzögerte Diagnosestellung und Fehlbehandlungen insbesondere bei seltenen Erkrankungen; Infektionskontrolle im Krankenhaus; Schädigungen durch Infusionstherapie, Medikamente und Impfungen. Die Vorwürfe waren in ca. 1/4 der Fälle nachvollziehbar. In ca. 3/4 aller Fälle konnte von einer weiteren Verfolgung der geäußerten Vorwürfe abgeraten werden.

Schlussfolgerung: Anhand gehäuft vorkommender Problemstellungen in der Begutachtung von „drittverursachten Gesundheitsschäden“ durch den MDK lassen sich Rückschlüsse für ein proaktives Risikomanagement in Klinik und Praxis erarbeiten.