Z Geburtshilfe Neonatol 2013; 217 - V01_4
DOI: 10.1055/s-0033-1361190

Makrosomale Kindsentwicklung trotz Normoglykämie der Mutter bei Typ 1 Diabetes

T Groten 1, C Kloos 2, E Schleußner 1, W Hunger-Battefeld 2
  • 1Universitätsklinikum Jena, Geburtshilfe, Jena, Germany
  • 2Universitätsklinikum Jena, Klinik für Innere Medizin III, Jena, Germany

Fragestellung: Trotz streng normoglykämischer Stoffwechseleinstellung kam es bei 16% der schwangeren Typ 1 Diabetikerinnen zur Geburt von Kindern mit einem Geburtsgewicht ≥90. Perzentile.

Methodik: Prospektive longitudinale Beobachtung der Schwangerschaftsverläufe von Typ 1 Diabetikerinnen, die von Beginn der Schwangerschaft bis zur Geburt in unserem Kompetenzzentrum für Diabetes und Schwangerschaft betreut wurden.

Ergebnisse: Von 225 Schwangeren mit Typ 1 Diabetes kam es bei 36 (16%), trotz strenger Normoglykämie im 3. Trimenon, zur Geburt eines Kindes mit Geburtsgewicht ≥90. Perzentile. Diese 36 Frauen zeigten sowohl präkonzeptionell eine gute Stoffwechselkontrolle (HbA1c bei Eintritt der Schwangerschaft im Mittel bei 6,6 ± 1,2% (NB 5,0 – 6,2%)) als auch bei Entbindung (HbA1c 5,6 ± 0,4%). Das Geburtsgewicht der Kinder lag bei 47,2% auf der 90., bei 44,4% auf der 95. und bei 8,4% > 95. Perzentilen. Bei 44,4% zeigte sich eine Hyperbilirubinämie (> 180 µmol/l), bei 2,8% eine Hypocalzämie, 11,1% zeigten eine respiratorische Anpassungsstörung. Im Unterschied zu den übrigen Frauen mit Typ 1 Diabetes zeigen diese 36 alle in der Frühgravidität rezidivierend schwere Hypoglykämien mit Blutglukosewerten < 3,5 mmol/l.

Tab. 1: Verlauf der mittleren Blutklukosespielg

Schwangerschaftwoche

MBG (mmol/l)

bis 8. SSW

6,3 ± 1,2

bis 12. SSW

5,9 ± 0,9

bis 20. SSW

5,9 ± 0,9

bis 24. SSW

5,8 ± 0,8

bis 28. SSW

5,9 ± 0,9

bis 32. SSW

6,0 ± 1,0

bis 36. SSW

5,7 ± 0,7

bis zur Entbindung

5,8 ± 0,7

Schlussfolgerung: Unsere Daten zeigen einen möglichen Zusammenhang zwischen dem gehäuften Auftreten von Hypoglykämien in der Frühschwangerschaft und der Entwicklung von makrosomen Kindern auch bei guter Stoffwechselkontrolle. In der Literatur finden sich hierfür bisher keine Erklärungsansätze. Eine Beteiligung des Insulin/IGF-Systems oder eine Fehlregulation der Glukoneogenese und der Insulinempfindlichkeit in der fetalen Leber sind denkbar. Tierexperimentelle Untersuchungen in einem Mausmodell sind zur Untersuchung dieser Zusammenhänge vorgesehen.