Zahnmedizin up2date 2015; 9(04): 297-309
DOI: 10.1055/s-0033-1358161
Zahnerhaltung, Prävention und Restauration
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Reparatur zahnärztlicher Restaurationen

Roland Frankenberger
,
Andreas Braun
,
Matthias J. Roggendorf
Further Information

Publication History

Publication Date:
22 July 2015 (online)

Einleitung

Die Minimalinvasivität in der restaurativen Zahnerhaltung besteht heute aus den 5 Säulen:

  • Exkavation

  • Präparation

  • Nachhaltigkeit

  • Infiltration

  • Reparabilität

Nur durch konsequente Umsetzung effizienter Reparaturstrategien ist es möglich, den Zahnhartsubstanz raubenden „Re-Dentistry-Cycle“ zu unterbrechen. Wichtig ist hierbei eine klare Indikationsstellung, denn in diversen Situationen macht eine Reparatur keinen Sinn. Fundamentales Instrument des praktischen Prozederes ist die adhäsive Vorbehandlung der multiplen involvierten Adhärenden im Rahmen ausgedehnter Reparaturrestaurationen zum Schutz der gesunden Zahnhartsubstanz. Diese Übersicht beschäftigt sich mit der Reparatur von Komposit, Keramik und Metall und gibt klare Empfehlungen zum Management häufig vorkommender klinischer Situationen.

Bereits 2007 wurde unsere Arbeitsgruppe von Zahnmedizin up2date angefragt, einen Beitrag zum Thema Reparatur von Restaurationen zu verfassen. Dies ist nun 8 Jahre her, und in der Zwischenzeit hat sich viel getan. Während damals noch von „Pfusch“ und inakzeptablem „Anflicken“ die Rede war, ist die Reparatur heute modern und ein etablierter Terminus in der internationalen Literatur. Der althergebrachte Satz „Wenn eine zahnärztliche Restauration im Rahmen der Füllungstherapie versagt oder zu versagen droht oder schlicht als insuffizient diagnostiziert wird, wird sie ausgetauscht“ ist zwar noch immer ein Paradigma in der restaurativen Zahnerhaltung, dieses weicht aber mehr und mehr dem sinnvollen Ansatz der Minimalinvasivität. Natürlich ist die Methode des „Drill-Fill-Bill“ ubiquitär anzutreffen und macht auch einen Löwenanteil unserer täglichen Arbeit aus. Aber ist das wirklich noch zeitgemäß, nach allem, was wir mittlerweile darüber wissen? Warum werden gerade beim Zahnarztwechsel die meisten Restaurationen komplett erneuert? Hält man sich einmal vor Augen, dass der Restaurationskreislauf mit im Lauf der Jahre immer wieder ausgetauschten Füllungen mehr gesunde Zahnhartsubstanz vernichtet als alle Karies dieser Welt, dann sollte man kurz innehalten und versuchen, aus dieser Spirale auszubrechen (Abb. [1]). Und: So schön und ästhetisch Komposit- oder Keramikrestaurationen sind – das (komplette) Herausbohren ist zeitaufwendig und birgt die signifikante Gefahr, unnötig gesunde Zahnhartsubstanz zu opfern [1].

Zoom Image
Abb. 1 Oberkieferrestaurationen. Goldinlays an 17, 26, 27 (28 Jahre alt), Keramikinlay an 16 (24 Jahre alt), Kompositfüllung an 25 (9 Jahre alt). Die indirekten Restaurationen wurden erstmalig vor 16 Jahren repariert. Hätte man bereits damals (1999) diese Restaurationen erneuert, wären vermutlich heute alle Molaren überkront. Oberkiefer des Erstautors.

Minimalinvasivität ist heute durch 5 Aspekte charakterisiert (Abb. [2]) [2]:

Zoom Image
Abb. 2 Der 5 Aspekte der Minimalinvasivität [2].
  1. Exkavation: Durch defensives Exkavieren können mehr Pulpen vital erhalten werden. Das bedeutet nicht, ziellos weiches Dentin zu belassen, sondern selektiv mit Polymerbohrern zu arbeiten, die die vitale Pulpa so weit wie klinisch möglich schonen.

  2. Präparation: Die defektorientierte Präparation ist ein wichtiger Faktor für die Überlebenswahrscheinlichkeit von Kompositrestaurationen – je mehr gesunde Zahnhartsubstanz erhalten wird, desto weniger muss das Komposit leisten.

  3. Nachhaltigkeit: Eine Restauration, die nach wenigen Jahren nicht mehr suffizient ist, kann so klein sein, wie sie will – sie ist niemals wirklich minimalinvasiv.

  4. Kariesinfiltration: Dieses leider kaum klinisch angewandte Prozedere verfährt nach einem wichtigen Motto: Bohren kann man später immer noch.

  5. Reparatur zahnärztlicher Restaurationen: Die Erörterung einer Reparatur ist zwar nicht der einzige Faktor auf dem Weg zu moderner Minimalinvasivität, aber die Reparatur wird gerade bei zahnfarbenen Materialien immer wichtiger werden [2], [3].

Zugegeben – die Notwendigkeit zur Reparatur zahnärztlicher Restaurationen ist gar nicht so häufig, aber sicher in jedem einzelnen Fall unangenehm, gerade dann, wenn man die defekte Restauration selbst gemacht hat. Wir reparieren nun bereits seit 18 Jahren defekte Restaurationen und haben dabei die Erfahrung gemacht, dass diese Möglichkeit bei unseren Patienten gut ankommt.

Dieser Beitrag beschäftigt sich mit den Möglichkeiten und Grenzen der Reparatur, sinnvollen Geräten und Methoden sowie interessanten In-vitro-Studien zum Thema Reparatur.

Merke: Wenn die Indikation sinnvoll gewählt ist, sind Reparaturen zahnärztlicher Restaurationen einfach und sicher durchzuführen. Sie erlauben eine maximale Schonung der Zahnhartsubstanz und sind dazu geeignet, die Lebensdauer von Restaurationen signifikant zu verlängern.

 
  • Literatur

  • 1 Krejci I, Lieber CM, Lutz F. Time required to remove totally bonded tooth-colored posterior restorations and related tooth substance loss. Dent Mater 1995; 11: 34-40
  • 2 Frankenberger R, Krech M, Krämer N et al. Darfʼs ein bisschen weniger sein? Oder: Was bedeutet eigentlich „minimalinvasiv“ in der Zahnerhaltung?. Quintessenz 2014; 65: 541-545
  • 3 Hickel R, Brüshaver K, Ilie N. Repair of restorations—criteria for decision making and clinical recommendations. Dent Mater 2013; 29: 28-50
  • 4 Mjör IA. The reasons for replacement and the age of failed restorations in general dental practice. Acta Odontol Scand 1997; 55: 58-63
  • 5 Kramer N, Garcia-Godoy F, Frankenberger R. Evaluation of resin composite materials. Part II: in vivo investigations. Am J Dent 2005; 18: 75-81
  • 6 Manhart J, Chen H, Hamm G et al. Buonocore Memorial Lecture. Review of the clinical survival of direct and indirect restorations in posterior teeth of the permanent dentition. Oper Dent 2004; 29: 481-508
  • 7 Frankenberger R, Kramer N, Sindel J. Repair strength of etched vs silica-coated metal-ceramic and all-ceramic restorations. Oper Dent 2000; 25: 209-215
  • 8 Frankenberger R, Roth S, Kramer N et al. Effect of preparation mode on Class II resin composite repair. J Oral Rehabil 2003; 30: 559-564
  • 9 Frankenberger R, Kramer N, Ebert J et al. Fatigue behavior of the resin-resin bond of partially replaced resin-based composite restorations. Am J Dent 2003; 16: 17-22
  • 10 Frankenberger R, Krämer N, Lohbauer U et al. Marginal integrity: is the clinical performance of bonded restorations predictable in vitro?. J Adhes Dent 2007; 9 (Suppl. 01) 107-116
  • 11 Strobel WO, Petschelt A, Kemmoona M et al. Ceramic inserts do not generally improve resin composite margins. J Oral Rehabil 2005; 32: 606-613
  • 12 Bouschlicher MR, Reinhardt JW, Vargas MA. Surface treatment techniques for resin composite repair. Am J Dent 1997; 10: 279-283
  • 13 Denehy G, Bouschlicher M, Vargas M. Intraoral repair of cosmetic restorations. Dent Clin North Am 1998; 42: 719-737
  • 14 Rosentritt M, Behr M, Leibrock A et al. Intraoral repair of fiber-reinforced composite fixed partial dentures. J Prosthet Dent 1998; 79: 393-398
  • 15 Rosentritt M, Behr M, Kolbeck C et al. In vitro repair of three-unit fiber-reinforced composite FPDs. Int J Prosthodont 2001; 14: 344-349
  • 16 Gordan VV, Garvan CW, Blaser PK et al. A long-term evaluation of alternative treatments to replacement of resin-based composite restorations: results of a seven-year study. J Am Dent Assoc 2009; 140: 1476-1484
  • 17 Gordan VV, Shen C, Riley J III et al. Two-year clinical evaluation of repair versus replacement of composite restorations. J Esthet Restor Dent 2006; 18: 144-153
  • 18 Frankenberger R, Taschner M, Lohbauer U et al. Aktuelle Aspekte der intraoralen Keramikreparatur. ZWR 2007; 115: 70-75
  • 19 Opdam NJ, Bronkhorst EM, Loomans BA et al. Longevity of repaired restorations: a practice based study. J Dent 2012; 40: 829-835
  • 20 Blatz MB, Sadan A, Kern M. Resin-ceramic bonding: a review of the literature. J Prosthet Dent 2003; 89: 268-274
  • 21 Blatz MB, Sadan A, Blatz U. The effect of silica coating on the resin bond to the intaglio surface of Procera AllCeram restorations. Quintessence Int 2003; 34: 542-547
  • 22 Edelhoff D, Marx R, Spiekermann H et al. Clinical use of an intraoral silicoating technique. J Esthet Restor Dent 2001; 13: 350-356
  • 23 Haselton DR, Diaz-Arnold AM, Dunne jr. JT. Shear bond strengths of 2 intraoral porcelain repair systems to porcelain or metal substrates. J Prosthet Dent 2001; 86: 526-531
  • 24 Latta MA, Barkmeier WW. Approaches for intraoral repair of ceramic restorations. Compend Contin Educ Dent 2000; 21: 635-639 642–644; quiz 646
  • 25 Peumans M, De Munck J, Fieuws S et al. A prospective ten-year clinical trial of porcelain veneers. J Adhes Dent 2004; 6: 65-76
  • 26 Ohata U, Hara H, Suzuki H. 7 cases of hydrofluoric acid burn in which calcium gluconate was effective for relief of severe pain. Contact Dermatitis 2005; 52: 133-137
  • 27 Mayer B, Raithel H, Weltle D et al. Pulmonary risk of intraoral surface conditioning using crystalline silica. Int J Prosthodont 2003; 16: 157-160
  • 28 Roeters JJ. A simple method to protect patient and environment when using sandblasting for intraoral repair. J Adhes Dent 2000; 2: 235-238