Rehabilitation (Stuttg) 2013; 52(05): 295
DOI: 10.1055/s-0033-1357170
Editorial
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Beratungsfachkräfte in der Rehabilitation

Counselling Experts in Rehabilitation
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Publication Date:
27 September 2013 (online)

Die Entwicklungen in der Rehabilitation der letzten Jahrzehnte zeigen eine kontinuierlich steigende Effektivität. Zugleich bestehen weiterhin Entwicklungs- und Optimierungspotenziale auf unterschiedlichen Gebieten. Eines dieser Potenziale in dem überaus differenzierten System mit vielen Akteuren liegt in einem Ausbau des Beratungsnetzwerkes für unterschiedliche Adressaten. Trotz vielseitiger Bemühungen der Rehabilitationsträger (z. B. Auf- und Ausbau von gemeinsamen Servicestellen, Modellvorhaben zur Beratung, Ermittlung von Beratungsstandards) und Beratungsangeboten der Leistungserbringer besteht noch Bedarf an flächendeckenden und übergreifenden, leicht zugänglichen Beratungsangeboten. Zuletzt wurde beispielsweise im Rahmen der Analysen des RehaFutur-Projektes [1] eine qualitätsgesicherte Beratung als ein Haupthandlungsfeld der beruflichen Rehabilitation ­gesehen.

In den letzten Jahren werden verschiedene Beratungskonzepte diskutiert, die sich zum Teil ergänzen. Die Diskussion geht vom Ausbau trägerübergreifender Servicestellen bis zu einer neu­tralen, trägerunabhängigen Beratung, von einer Beratung durch Betroffene bis zu einer Professionalisierung der Beratung, wie etwa die Etablierung einer neuen Berufsgruppe des Disability Managers nach kanadischem Vorbild. In dieser Ausgabe möchten wir u. a. die Ergebnisse einer explorativen Studie zu den Tätigkeitsbereichen von Rehabilitationsfachleuten (mit Schwerpunkt berufliche Rehabilitation) von Niehaus et al., vorstellen. In einer ­anonymen Onlinebefragung wurden Beratungsfachleute befragt, die eine Fortbildung nach dem Konzept der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) durchlaufen haben und in dem Verein der zertifizierten Disability Manager Deutschlands (VDiMA) organisiert sind. Der Fragebogen orientierte sich dabei an international eingesetzten Instrumenten.

Die Ergebnisse zeigen, dass zertifizierte Disability Manager nur zum Teil (62%) unmittelbar in diesem Fortbildungsberuf tätig sind. Ein Schwerpunkt der Arbeit liegt einerseits in der individuellen Einzelberatung von Betroffenen. Andererseits findet die Beratung zu einem wesentlichen Teil im Rahmen des Betrieblichen Eingliederungsmanagements statt. Den Managementaufgaben auf organisatorischer Ebene kommt bisher noch eine geringe Bedeutung zu. Nach Einschätzung der Autoren sind Beratungsfachleute eher als Generalisten mit geringer Spezialisierung tätig. Handlungsbedarfe werden u. a. in einer besseren Regelung der Verantwortlichkeiten, konsequenteren Vernetzung und intensiveren Öffentlichkeitsarbeit gesehen.

Die weiteren Beiträge beschäftigen sich wiederum mit unterschiedlichen Themen. So untersuchen Jäckel et al., welchen Stellenwert die Rehabilitation in S3-Leitlinien hat, die im Register der AWMF erfasst sind. Da die Berücksichtigung der Rehabilitation in akutmedizinischen Leitlinien eine erhebliche Va­rianz aufweist, plädieren die Autoren dafür, dass die Reha-Fachgesellschaften stärker in den Entwicklungsprozess von akutmedizinischen Leitlinien eingebunden werden. In einer weiteren, explorativen Studie von Ullrich et al. geht es insbesondere um Zugangswege zur Rehabilitation von Patientinnen mit Fibromyalgiesyndrom (FMS). Es wird auf Unterschiede bei Patientinnen in somatischen und psychosomatischen Einrichtungen hingewiesen, die für Zuweisungsprozesse Relevanz haben.

Die Studie von Schmidt et al. führt Untersuchungen zum Ansatz der Rehabilitanden-Management-Kategorien (RMK) am Beispiel von Patienten mit chronischen Rückenerkrankungen fort. Die vierstufige Klassifikation erweist sich danach statistisch als stabil, worin eine Voraussetzung für die weitere Nutzung gesehen wird. Es folgt eine Untersuchung von Pohontsch et al., die sich mit dem Dauerthema „Schnittstellen“ beschäftigt. Als Ergebnis werden Empfehlungen zur ­Reduktion von Schnittstellenproblemen in der medizinischen Rehabilitation vorgestellt. Diese ­betreffen u. a. das Formularwesen und Antragsverfahren, die Zuweisungsprozesse sowie die ­Kooperation mit niedergelassenen Ärzten. Im anschließenden Beitrag evaluieren Böttcher et al. berufsbezogene Konzepte in der onkologischen Rehabilitation. Die Rückkehrraten in den Beruf werden mit durchschnittlich 75% als hoch eingeschätzt.

In dem weiteren Beitrag geht es um die Übertragung von in der Rehabilitation erlernten Entspannungsübungen in den Alltag, die Klosterhalfen et al. am Beispiel der psychosomatischen Rehabilitation untersuchen. Immerhin die Hälfte der Rehabilitanden wenden gelernte Entspannungsverfahren auch langfristig im Alltag an. Der nachfolgende Beitrag von Seekatz et al. beschäftigt sich mit der Standardisierung und Evaluation eines Schulungsprogramms bei koronarer Herzkrankheit. Die Ergebnisse führen zu einer Überarbeitung des Curriculums und bestätigen die praktische Durchführbarkeit.

Der abschließende Diskussionsbeitrag nimmt Bezug auf das RehaFutur-Projekt und setzt sich kritisch mit dem Begriff der „Beschäftigungsfähigkeit“ in der beruflichen Rehabilitation auseinander.

Ihre Herausgeber

 
  • Literatur

  • 1 Riedel H-P, Schmidt C, Reinsberg B et al. Ergebnisse und Empfehlungen zur beruflichen Rehabilitation aus dem Entwicklungsprojekt Reha­Futur. Rehabilitation 2012; 51: 189-193