Gesundheitswesen 2013; 75 - A189
DOI: 10.1055/s-0033-1354148

Sind Alleinerziehende öfter von Rückenschmerzen betroffen als in Partnerschaft lebende Mütter und Väter? Ergebnisse der GEDA-Studie 2009/10

O Domanska 1, P Rattay 1, E von der Lippe 1
  • 1Robert Koch-Institut, Berlin

Hintergrund: Trotz eines steigenden Anteils von alleinerziehenden Müttern und Vätern gibt es in Deutschland nur wenige repräsentative Daten zu ihrer gesundheitlichen Lage. Die vorliegende Analyse beschäftigt sich mit chronischen Rückenschmerzen von Müttern und Vätern in Abhängigkeit davon, ob sie mit oder ohne Partner(in) in einem Haushalt leben. In der Literatur werden als Risikofaktoren für unspezifische Rückenschmerzen überwiegend arbeitsbezogene und psychische Faktoren sowie der Sozialstatus genannt. Zusammenhänge zwischen dem Partnerstatus von Eltern und chronischen Rückenschmerzen wurden hingegen bislang kaum analysiert. Daten/Methodik: Die Fragestellung wurde mit Daten der GEDA-Studie untersucht, die das Robert Koch-Institut in den Jahren 2009 – 2010 durchführte. Die Daten wurden mittels telefonischer Interviews (CATI) erhoben. Die Stichprobe besteht aus 11.904 Personen im Alter von 18 – 59 Jahren, die in einem Haushalt mit mindestens einem Kind unter 18 Jahren leben. Analysiert wurde die Bedeutung der Lebensform von Eltern (alleinerziehend: ja/nein) für chronische Rückenschmerzen in den letzten 12 Monaten mittels nach Geschlecht stratifizierter logistischer Regressionen. Es erfolgten zudem eine Adjustierung der Odds Ratios nach Alter, sozialem Status, Erwerbstätigkeit, sozialer Unterstützung, sportlicher Aktivität, Übergewicht und seelischer Belastung sowie die Aufnahme von Interaktionstermen zwischen der Lebensform und den genannten Einflussgrößen in das Modell. Ergebnisse: Die 12-Monats-Prävalenz für länger anhaltende Rückenschmerzen liegt bei alleinerziehenden Müttern mit 26,3% (95%-KI: 23,5%-29,3%) signifikant höher als bei Müttern, die in einem Partnerhaushalt leben (18,0% 95%-KI: 16,9%-19,2%). Bei den Vätern zeigen sich keine signifikanten Unterschiede in der 12-Monats-Prävalenz zwischen denjenigen, die ohne Partnerin (15,6% 95%-KI: 10,2%-23,3%) und mit Partnerin (14,8% 95%-KI: 13,5%-16,2%) in einem Haushalt leben. Auch nach Adjustierung für die oben genannten Risikofaktoren haben alleinerziehende Mütter im Vergleich zu in Partnerschaft lebenden Müttern eine um das 1,32-fach erhöhte „Chance“ für Rückenschmerzen (95%-KI: 1,09 – 1,59). Sowohl für Mütter als auch für Väter zeigen die multivariaten Analysen, dass starke seelische Belastungen und ein niedriger oder mittlerer Sozialstatus einen größeren Einfluss auf Rückenschmerzen besitzen als die Lebensform. Bei Männern stellen darüber hinaus sportliche Inaktivität, geringe soziale Unterstützung und insbesondere Nicht-Erwerbstätigkeit weitere bedeutende Einflussgrößen da. Die Berechnung von Interaktionen zwischen den Risikofaktoren und der Lebensform ergab keine signifikanten Ergebnisse. Diskussion/Schlussfolgerung: Alleinerziehende Mütter haben ein signifikant höheres Risiko für chronische Rückenschmerzen als Mütter, die in Partnerschaft leben. Dies hat auch nach Berücksichtigung einiger wichtiger Risikofaktoren für Rückenschmerzen Bestand und ist somit nur zum Teil auf eine ungleiche Verteilung der Risikofaktoren zwischen alleinerziehenden und in Partnerschaft lebenden Müttern zurückzuführen. Für Väter scheint das Leben in Partnerschaft in Bezug auf Rückenschmerzen hingegen keine bedeutende Rolle zu spielen. Unsere Ergebnisse weisen darauf hin, dass alleinerziehende Frauen und Männer aufgrund ihrer teils unterschiedlichen Lebenssituation (alleinerziehende Väter sind älter, häufiger verwitwet und erwerbstätig und leben häufiger mit nur einem älteren Kind zusammen als alleinerziehende Mütter) geschlechtsspezifische Gesundheitsrisiken aufweisen. Bei der Bewertung der Ergebnisse für die alleinerziehenden Väter ist allerdings zu berücksichtigen, dass die Fallzahl in einer repräsentativen Studie aufgrund ihres geringen Anteils in der Bevölkerung sehr klein ist.