Gesundheitswesen 2013; 75 - A117
DOI: 10.1055/s-0033-1354093

Werkvertragsarbeit und Arbeitsschutz – eine Beziehung mit hohem Konfliktpotenzial

K Drews 1, K Beutler 1, C Lenssen 1
  • 1bsb GmbH

Im Rahmen eines von der Hans-Böckler-Stiftung geförderten Projektes wurden die Arbeitsbedingungen (inkl. Arbeits- und Gesundheitsschutz) von so genannten onsite-WerkvertragsarbeitnehmerInnen (oWAN) mit dem Ziel untersucht, aus den gewonnenen Erkenntnissen Handlungsmöglichkeiten für Betriebsräte beim Einsatz dieser Beschäftigten ableiten zu können. Hintergrund: Der Umfang der Leiharbeit hat sich seit 2004 etwa verdoppelt. Durch die Aberkennung des Gewerkschaftsstatus für die CGZP im Dezember 2010, die Überarbeitung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes 2011 und die Lohnuntergrenze für LeiharbeitnehmerInnen 2012 wird sie jedoch teurer. Angesichts dessen findet in vielen Betrieben ein Ersatz der Leiharbeit durch Werkvertragsarbeit statt. Das rasante Wachstum von onsite-Werkvertragsarbeit bedroht die Sozialstandards ganzer Branchen. Entgeltniveau sowie Arbeits- und Gesundheitsschutz aller ArbeitnehmerInnen im Einsatzbetrieb und der Branchenbetriebe geraten unter Druck. Neben dem Studium der Literatur wurde folgende Methodik angewendet: Auf der Grundlage von 40 leitfadengestützten Experten- und Betriebsakteurinterviews wurden 10 Beteiligungsinstrumente (u.a. zur Beurteilung des Arbeitsschutzes) entwickelt. Diese wurden in Betrieben erprobt und auf Branchenkonferenzen diskutiert. In Form etwa eines Leitfadens für Betriebsräte und mehrerer Fallstudien wurden die Ergebnisse analysiert. Die Freigabe durch den Auftraggeber HBS steht noch aus. Ergebnisse: Generell konnte festgestellt werden, dass die Arbeitsbedingungen von oWAN nach der Definition des DGB-Index ‚Gute Arbeit‘ sowie des eigens entwickelten oWAN-Arbeitsschutz-Navigators deutlich schlechter sind als die der Stammbelegschaft. Arbeitszeiten von täglich 12 Stunden stellen in vielen Betrieben keine Ausnahmen für die oWAN dar. Auch die erhöhte Unfallhäufigkeit der oWAN konnte belegt werden. Die Untersuchung hat ergeben, dass es im Bereich des Arbeitsschutzes einen hohen Forschungs- und Regulierungsbedarf gibt. Diskussion: Die Zuständigkeit für die Gefährdungsbeurteilung, Einhaltung der ArbMedVV etc. ist in vielen Fällen in der Praxis konkret nicht geklärt – trotz der Anforderung des § 8 ArbSchG. Den Erfahrungen nach weisen die Führungskräfte der Einsatzbetriebe in den meisten Branchen die Verantwortung beim Arbeitsschutz von sich. Das führt zu teilweise drastischen Verstößen gegen Arbeitsschutzbestimmungen. Die wirksamste Institution zur Einhaltung der Arbeitsschutzregeln für oWAN sind die Betriebsräte im Einsatzbetrieb. Sie haben im Einzelfall schon Erfolge erzielt, informieren ggf. die staatliche Aufsichtsbehörde bzw. den Zoll. Die Handlungsmöglichkeiten von Betriebsräten bei Einsatz von oWAN sind allerdings begrenzt: – Ansatzpunkte ergeben sich im Bereich der Personalplanung (§ 92 BetrVG) und im Falle eingegliederter Beschäftigung (§ 99 BetrVG) sowie im Rahmen der personellen Auswahl (§ 95 Abs. 3 BetrVG). – Grundlage für das Tätigwerden des Betriebsrats im Bereich Arbeitsschutz findet sich in den allgemeinen Aufgaben im Arbeitsschutz auf dem Werksgelände im § 80 BetrVG. Danach ist der Betriebsrat zur Überwachung der Einhaltung aller im Betrieb geltenden Normen berechtigt und verpflichtet, auch des Arbeitszeit- und Arbeitsschutzgesetzes. Ein Argument aus dem ArbSchG lässt sich aus § 8 Abs. 2 ableiten. Hier wird deutlich, dass der Arbeitsschutz von oWAN einen mittelbaren Einfluss auf die Arbeitsicherheit der Stammarbeitnehmer/innen StAN hat und alleine deshalb beachtet bzw. verbessert werden muss. Der eigene Arbeitgeber muss mitwirken. Damit begründet sich der Mitbestimmungsanspruch nach § 87 Abs.1 BetrVG. – Einen wichtigen Ansatzpunkt bilden zudem Beschäftigungssicherungsprojekte nach § 92a BetrVG.