Gesundheitswesen 2013; 75 - A112
DOI: 10.1055/s-0033-1354089

Auswertung von Berufskrankheiten durch physische Belastungen – am Beispiel der Erkrankung der Schleimbeutel aufgrund von ständigen Druck

M Thiede 1, F Liebers 1, S Gravemeyer 2, U Latza 3
  • 1Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, Berlin
  • 2Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung, St. Augustin
  • 3Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, Berlin

Einleitung/Fragestellung: In Deutschland gibt es aktuell drei Berufskrankheiten (BK) die Erkrankungen im Kniebereich durch physische Einwirkung berücksichtigen (Meniskusschäden, Schleimbeutel Erkrankung und seit 2009 die Gonarthrose). Hier werden bestätigte Fälle der BK-Nr. 2105, Erkrankung der Schleimbeutel auf Grund von ständigem Druck ausgewertet. Berufskrankheiten in Deutschland sind immer eine Verbindung aus einer spezifischen berufsbedingten Exposition und einer daraus resultierenden Erkrankung. Die BK-Nr. 2105 liegt nur vor, wenn die Erkrankung der Schleimbeutel durch berufsbedingten ständigen Druck verursacht wurde. Die Erkrankung der Schleimbeutel (Bursitis) ist in der Bevölkerung eine seltene Erkrankung, von der sowohl Männer als auch Frauen betroffen sind [1]. Berufliche Tätigkeiten mit häufiger Druckbelastungen im Bereich der Knie-, Ellbogen- und Schultergelenke gibt es z.B. bei Bergleuten, Bodenlegern, Fliesenlegern, Straßenbauern, Steinsetzern, Reinigungspersonal, Glas- und Steinschleifern sowie Lastenträgern) [2]. Daten: Datengrundlage ist eine Sekundärdatenanalyse aggregierter bestätigter BK-Fälle der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) stratifiziert nach Geschlecht und Beruf für die Jahre 2002 bis 2011. Die Berufe sind nach der International Standard Classification of Occupations (ISCO88) erfasst. Zur Abschätzung der Inzidenz werden Informationen zu Anzahl der Beschäftigten aus dem Mikrozensus verwendet. Methoden: Ein Präventionsindex (PI) wird berechnet, der Informationen der Inzidenz (I) und der absoluten Häufigkeiten verbindet und in einer Ranginformation abbildet. Für den PI wird die Inzidenz der bestätigten BK-Nr. 2105 (pro Beruf, Jahr und 100.000 Beschäftigte), mit Daten des Mikrozensus für die Anzahl der Beschäftigten, abgeschätzt und ein 95%-Konfidenzintervall (KI) berechnet. Ergebnisse: Im Zeitraum von 2002 bis 2011 gab es 1.443 bestätigte Fälle einer BK-Nr. 2105 bei Männern (für Frauen waren es n = 1). Die häufigste Diagnose für die Bestätigung dieser BK ist die Bursitis praepatellaris (Schleimbeutelentzündung im Kniebereich) (ca. 83%). Die häufigsten Expositionsarten sind Druckbelastung (56%) und Arbeiten auf unterschiedlichen Bodenarten (Fußboden, Gehweg usw.) (37%). Für die BK-Nr. 2105 sind Ausbau- und verwandte Berufe (n = 997, I = 0,91 (95% KI:0,84 – 1,02), PI:1,5), Textil-, Bekleidungs- und verwandte Berufe (n = 66, I = 1,32 (95% KI:1,25 – 1,60), PI: 2,5) sowie Baukonstruktions- und verwandte Berufe (n = 149, I = 0,29 (95% KI:0,28 – 0,34), PI:2,5) diejenigen Berufe mit dem höchsten PI. Diskussion: Die Auswertung von Sekundärdaten gesetzlich Unfallversicherter hat den Vorteil, dass Informationen über einen Großteil der Erwerbstätigen vorliegen. Nur ausgewählte Merkmale sind in den Prozessdaten der DGUV erfasst. Informationen über die Anzahl der Versicherten in den einzelnen Berufen liegen nicht vor. Aufgrund rechtlicher und administrativer Rahmenbedingungen des BK-Verfahrens geben BKen nur eingeschränkt Hinweise auf mögliches Präventionspotential in einzelnen Berufen. Die hier identifizierten Berufe entsprechen den beschrieben betroffenen Berufen mit einem hohen Anteil von männlichen Erwerbstätigen. Häufigkeit, Inzidenz und PI zeigen nur geringe Unterschiede. In den betroffenen Berufen ist der Frauen Anteil eher gering (zwischen 0,5 und 14,5%). Entgegen der Erwartungen wurden keine Reinigungsberufe als betroffen identifiziert (hier liegt der Frauenanteil unter den Beschäftigen bei ca. 73%). Dass keine Frauen betroffen sind könnte auch darin begründet sein, dass Frauen dort keinem die Gelenke belastenden Druck ausgesetzt sind oder die Belastungsdauer für eine Anerkennung dieser BK aufgrund von Teilzeitbeschäftigung zu gering ist. Ebenfalls ist nicht klar inwieweit Frauen in weiteren Berufen von Druckbelastung der Gelenke betroffen sind. In vorliegenden Studien werden meist nur Männer mit kniebelastenden Tätigkeiten eingeschlossen [3,4].