Gesundheitswesen 2013; 75 - A52
DOI: 10.1055/s-0033-1354038

Erfolgsfaktoren funktionsübergreifender Teams in der medizinischen Rehabilitation

M Körner 1, L Zimmermann 1, C Müller 1
  • 1Albert-Ludwigs Universität Freiburg, Freiburg

Um die komplexen Aufgaben in Gesundheitsorganisationen effektiv und effizient zu leisten, sind funktionsübergreifende Teams erforderlich. Bei Borkowski (2011) werden als Merkmale für erfolgreiche Teams klare Ziele, definierte Rollen, offene und klare Kommunikation, effektive Entscheidungsfindung, Partizipation der Mitarbeiter, Wertschätzung, Konfliktmanagement, positives Arbeitsklima und partizipative Führung aufgezählt. Als weiterhin fördernde Faktoren werden genannt: Unterstützung durch die Leitung, zur Verfügung stellen von Ressourcen, Führungsstil und Training des Teams (Borkowski, 2011). Bei der Beschreibung von funktionsübergreifenden Teams wird in Abhängigkeit vom Organisation-, Führungs-, Kommunikations- und Entscheidungsstil das multi- und das interdisziplinäre Team differenziert (Körner, 2010a). Dabei zeigen interdisziplinäre Teams, die durch einen patientenorientierierten, partizipativen Arbeitsstil, multilateral Kommunikation und partizipative Führung definiert sind, eine besser bewertete Teamarbeit und Mitarbeiterzufriedenheit als die multidisziplinären Teams (Körner, 2010b). Ziel unserer Studie war es die Erfolgsfaktoren für funktionsübergreifende Teamarbeit der Behandlungsteams in der medizinischen Rehabilitation zu erfassen. Als Methode wurden hierzu halbstandardisierte Experteninterviews mit Führungskräften sowie Gruppeninterviews mit verschiedenen Gesundheitsfachberufen in Rehabilitationsteams gewählt. Für beide Interviewformen wurde theoriebasiert in einem Konsensusprozess dreier wissenschaftlicher Experten ein halbstandardisierter Interviewleitfaden zu den nachfolgenden drei Themenbereichen entwickelt: (1) Organisation/Management (Struktur, Führung und Partizipation, Aufgaben-/Zielklarheit, Kultur/Klima), (2) Patientenorientierung und interprofessionelle Teamarbeit (Kommunikation, Koordination, Information, Partizipation der Patienten) und (3) Anliegen und Nutzen von Teamentwicklung. Alle Interviews wurden mit einem digitalen Datenträger aufgezeichnet und anschließend transkribiert. Die Auswertung erfolgte unter Verwendung der Software MAXQDA 10 von zwei Wissenschaftlern nach der strukturierenden qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring (2010) deduktiv entlang der Kategorien im Interviewleitfaden. Die Datenerhebung fand in 5 Rehabilitationskliniken unterschiedlicher Indikationsbereiche statt. Insgesamt wurden 18 Einzelinterviews mit Führungskräften und 5 Gruppeninterviews mit Rehabilitationsteams (n = 35 Teammitglieder) durchgeführt. Bei den Gruppeninterviews wurden insgesamt 305 Aussagen für die Kategorien 'Organisation/Management‘ und 'Patientenorientierung und interprofessionelle Teamarbeit‘ kodiert, dabei entfielen 72% dieser Kodierungen auf die Kategorie Organisation (n = 221) mit den Subkategorien wertschätzende Führung (n = 70), Teamarbeitsstrukturen (n = 45), Entlastung von Personal (n = 39), Vernetzung durch EDV und räumliche Gegebenheiten (n = 16), Handlungsspielraum der Mitarbeiter (n = 17) und dem Klima (n = 34). Die restlichen 28% (n = 84) wurden der Kategorie 'Patientenorientierung und interprofessionelle Teamarbeit‘ mit den Subkategorien Informationsweitergabe (n = 22), Koordination (n = 21), Kommunikation (n = 32), Partizipation des Patienten (n = 9) zugeordnet. Auch von Seiten der Experten (811 Kodierungen) waren die häufigsten Nennungen aus der Kategorie 'Organisation/Management‘ (n = 390). 'Kommunikation und Patientenorientierung‘ wurden in 305 und 'Anliegen und Nutzen von Teamentwicklung‘ in 116 Fällen kodiert. Dabei äußerten 16 von 18 Führungskräften, dass in den letzten Monaten oder Jahren in ihren Einrichtungen keine Teamentwicklungsmaßnahmen durchgeführt wurden. Insgesamt zeigten sich klinikspezifisch sehr große Unterschiede in der Häufigkeit der Nennungen der verschiedenen Subkategorien und Kategorien. Die Ergebnisse zeigen, dass die in der Literatur aufgeführten Erfolgsfaktoren funktionsübergreifender Teamarbeit auch in der Praxis von Seiten der Führungskräfte und Teammitglieder eine bedeutende Rolle zugeschrieben werden. Insbesondere Organisation und Führung als auch Trainingsmaßnahmen werden von Seiten der Gesundheitsfachberufe in den Rehabilitationskliniken als Ressourcen für erfolgreiche Teamarbeit betrachtet.