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DOI: 10.1055/s-0033-1354037
Der organisationale Kontext der Arzt-Patient-Interaktion: Krankenhausstrukturen und Arbeitsbedingungen
Hintergrund: Die Beziehung zum behandelnden Arzt ist insbesondere für Krebspatienten wichtig, um die Diagnose, Therapie und den Umgang mit der Erkrankung zu bewältigen. In Studien wurden Zusammenhänge zwischen Krankenhausstrukturen, wie z.B. Lehrstatus und Zahl der Operationen, und der Versorgungsqualität bestätigt. Zudem weisen Studien auf Zusammenhänge zwischen den Arbeitsbedingungen von Ärzten und deren Gesundheit und Performanz hin. Weitgehend unklar bleibt allerdings, inwiefern die Arbeitsumgebung von Ärzten im Krankenhaus auch die Arzt-Patient-Interaktion beeinflusst. Das Ziel dieser Arbeit ist es, Zusammenhänge zwischen der Arbeitsumwelt im Krankenhaus und dem von Brustkrebspatientinnen wahrgenommenen Vertrauen in die Ärzte sowie der Unterstützung und empathischen Informationsvermittlung durch Ärzte zu untersuchen. Daten und Methodik: Vier Datenquellen aus 2010 zu 35 Brustzentrumskrankenhäusern in Nordrhein-Westfalen wurden im Rahmen des von der Deutschen Krebshilfe e.V. geförderten WORG OUT (Work Organization and Patient-Reported Outcomes)-Projektes miteinander verknüpft: (1) Befragungsdaten von Patientinnen mit primärem Mammakarzinom, die zwischen Februar und Juli 2010 in einem Brustzentrum in NRW operiert worden sind (n = 1844) (2) Befragungsdaten von Ärzten (n = 348) (3) Befragungsdaten von Personen aus der Brustzentrumsleitung (n = 108) und (4) Strukturdaten aus den Qualitätsberichten der Krankenhäuser. Das von Patientinnen berichtete Vertrauen in Ärzte, die wahrgenommene Unterstützung durch Ärzte und die empathische Informationsvermittlung wurden in Abhängigkeit von Krankenhausstrukturen (z.B. Fallzahl, Lehrstatus, Trägerschaft) und den von Ärzten berichteten Arbeitsbedingungen (z.B. Arbeitsaufkommen, Arbeitsanforderungen, Befristung, Voll- oder Teilzeitanstellung, Zufriedenheit mit dem Gehalt) untersucht. Die Auswertung erfolgte mittels Mehrebenenanalysen, die die genestete Datenstruktur von Patientinnen in Krankenhäusern berücksichtigen. Es wurde für den unterschiedlichen Case-Mix der Krankenhäuser kontrolliert. Ergebnisse: Die wichtigsten Ergebnisse sind, dass Patientinnen alle drei Indikatoren der Arzt-Patient-Interaktion schlechter bewerteten, wenn sie in Krankenhäusern behandelt wurden, in denen Ärzte mehr Überstunden leisteten und ein größerer Anteil der Ärzte in Teilzeit arbeitete. Außerdem berichteten Patientinnen aus Krankenhäusern mit öffentlicher Trägerschaft weniger Vertrauen in ihre Ärzte als Patientinnen aus freigemeinnützigen Krankenhäusern. Diskussion: Die Ergebnisse der vorliegenden Studie unterstreichen die Bedeutung der ärztlichen Arbeitsbedingungen für eine patientenzentrierte Versorgung. Da dies bisher eine der wenigen Studien zum Thema ist, sollten Faktoren innerhalb der Arbeitsumgebung von Ärzten, die für die Interaktion mit Patienten hemmend und förderlich sein können, in weiteren Studien tiefergehend untersucht werden, um praktische Handlungsempfehlungen ableiten zu können. Vor dem Hintergrund hochstandardisierter Krebstherapien gewinnen die psychosozialen Aspekte der onkologischen Versorgungsqualität im Wettbewerb der Brustzentren zunehmend an Bedeutung. Darüber hinaus könnten die Rahmenbedingungen der ärztlichen Tätigkeit in Zukunft als zentraler Wettbewerbsfaktor für hochqualifizierte und engagierte ärztliche Mitarbeiter gelten.