Ausgangssituation: Zur weiteren Abklärung wurde uns ein 54-jähriger Patient mit seit zwei Jahren zunehmenden
Unterschenkelödemen und einem Skrotalödem vorgestellt. Eine 77-jährige Patientin stellte
sich mit seit den 80er Jahren intermittierend auftretenden Ödemen und Durchfällen
vor.
Diagnostik: Labordiagnostisch konnten jeweils eine ausgeprägte Hypoalbuminämie, eine Hypogammaglobulinämie
sowie eine Lymphopenie mit Affektion aller Subklassen nachgewiesen werden. Nach Ausschluss
einer Proteinurie und klinisch relevanter Leber- oder Herzerkrankungen wurde aufgrund
der deutlich erhöhten α1-Antitrypsin-Konzentration im Stuhl ein intestinaler Eiweißverlust vermutet. Bei jeweils
unauffälliger Ösophagogastroduodenoskopie zeigte die erweiterte Dünndarmdiagnostik
mittels Kapselendoskopie und Push-Enteroskopie bzw. Doppelballonenteroskopie das Bild
einer diffusen intestinalen Lymphangiektasie mit vergrößerten und fokal polypoid erscheinenden,
weißlichen Villi. Während die Veränderungen bei dem Patienten kontinuierlich das proximale
Jejunum betrafen und von einem diffusen Schleimhautödem begleitet waren, zeigte sich
bei der Patientin ein diskontinuierlicher Befall auch distaler Ileumabschnitte ohne
Ödem. Fokal fanden sich jeweils erosive Areale nach Zottenruptur. Die histologische
Untersuchung der entnommenen Biopsien ergab als wesentlichen Befund eine ausgeprägte
Dilatation der intestinalen Lymphgefäße.
Diagnose und Therapie: Nach Ausschluss sekundärer Ursachen (Infektionen, Malignome, Autoimmunerkrankungen,
Lymphgefäßobstruktion) wurde jeweils die Diagnose einer sich spät manifestierenden
primären intestinalen Lymphangiektasie (Morbus Waldmann) gestellt. Eine diätetische
Therapie mit einer proteinreichen und fettarmen Kost unter Substitution mittellangkettiger
Fettsäuren wurde eingeleitet. Hierunter waren die Ödeme bei beiden patienten gut rückläufig.
Schlussfolgerungen: Auch in der Erwachsenenmedizin muss bei Vorliegen von Ödemen und/oder Durchfällen,
begleitet von suggestiven laborchemischen Veränderungen, die primäre Form der intestinalen
Lymphangiektasie in die Differenzialdiagnose einbezogen werden. Die Diagnose wird
nach Ausschluss sekundärer Ursachen mittels erweiterter Dünndarmdiagnostik gesichert,
die Therapie erfolgt diätetisch.