Z Gastroenterol 2013; 51 - K385
DOI: 10.1055/s-0033-1353035

Beyond S3-Leitlinien: Die präoperative Untersuchung der Mikrosatelliteninstabilität (MSI) ist vor einer chirurgischen Therapie indiziert – nicht zuletzt aus forensischen Gründen!

C Schneider 1, R Schneider 2, M Gelos 1, E Burdzik 1, G Möslein 1
  • 1HELIOS St. Josefs-Hospital Bochum-Linden, Klinik für Allgemein- und Visceralchirurgie, Koloproktologie, Bochum, Germany
  • 2Philipps Universität Marburg, Klinik für Visceral-, Thorax und Gefäßchirurgie, Marburg, Germany

Einleitung: Im klinischen Alltag wird das Lynch Syndrom oft nicht erkannt und es gibt viele Unsicherheiten hinsichtlich des korrekten diagnostischen und therapeutischen Vorgehens. Ziel dieses Reviews ist es, dem Kliniker einen Algorithmus zur Verfügung zu stellen, der sich an internationaler Literatur und internationalen Leitlinien orientiert.

Ziele und Methodik: Anhand der Literatur werden Strategien zur Identifikation von Lynch Syndrom Patienten vorgestellt und diskutiert.

Ergebnis: Der Verdacht auf ein Lynch Syndrom kann durch die Erhebung der Familienanamnese und die Anwendung der revidierten Bethesda- und Amsterdam-II-Kriterien gestellt werden. Daran schließen sich S3-leitliniengercht postoperativ immunohistochemische Untersuchungen, eine MSI-Bestimmung und der Mutationsnachweis durch Gensequenzierung an. Bei strikter Anwendung der revidierten Bethesda-Kriterien werden allerdings 12 – 28% der Lynch Syndrom Patienten nicht erkannt, so dass durch Experten bereits eine immunohistochemische Untersuchung bei allen KRK-Patienten unter 70 Jahren gefordert wird. Durch die postoperative Untersuchung der MSI wird Patienten eine präoperative Diskussion und informierte Entscheidungsfindung bzgl. einer prophylaktisch-erweiterten Kolonresektion bei Karzinom und bei (postmenopausalen) Frauen bzgl. einer leitliniengerechten Empfehlung zu einer rein prophylaktischen Hysterektomie und evtl. Salpingoophorektomie verwehrt.

Schlussfolgerung: Die Möglichkeiten, Patienten mit Lynch Syndrom zu identifizieren, sind en principe exzellent. Die traurige Realität ist weiterhin, dass die meisten Lynch-Syndrom-Patienten auch zum Zeitpunkt eines kolorektalen Karzinoms viel zu selten identifiziert werden! Die MSI-Analyse muss(!) bereits präoperativ zum Zeitpunkt der endoskopischen Diagnosestellung eingeleitet werden, um so die Möglichkeit einer prophylaktisch erweiterten Resektion mit dem Patienten individuell präoperativ zu besprechen und Frauen auf das extrem hohe Endometrium- und Ovarialkarzinomrisiko hinzuweisen. Es ist damit zu rechnen, dass zukünftig nicht auf das erhöhte Risiko aufmerksam gemacht wordene Patienten bei auftreten des sehr häufigen metachronen kolorektalen Karzinoms oder gynäkologischen Karzinoms dieses Versäumnis als Behandlungsfehler ansehen.