Z Gastroenterol 2013; 51 - K130
DOI: 10.1055/s-0033-1352770

Medikamentös-toxische Schädigung als wichtigste Ätiologie des akuten Leberversagens – Beobachtungen über 10 Jahre an einem deutschen Transplantationszentrum

LP Bechmann 1, P Manka 1, M Schlattjan 1, G Gerken 1, F Saner 2, A Paul 2, A Canbay 1
  • 1Klinik für Gastroenterologie und Hepatologie, Essen, Germany
  • 2Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie, Essen, Germany

Einleitung: Die spezifische Therapie und Prognoseeinschätzung von Patienten mit akutem Leberversagen (ALV) ist abhängig von der zugrunde liegenden Ätiologie. Die fulminante Hepatitis B (HBV) Infektion gilt als wichtigste Ätiologie des ALV. In den letzten Jahren fanden sich im angloamerikanischen Raum Hinweise auf eine Zunahme der medikamentös-toxisch bedingten ALV (engl.:drug-induced liver injury = DILI). Die Fortsetzung dieses Trends konnten wir 2009 anhand eines lokalen Kollektivs zeigen.

Ziel: Identifikation aktueller ALV-Ätiologien in einem großen deutschen Transplantationszentrum.

Methodik: Retrospektive Studie über einen Zeitraum von 10 Jahren (1/2002 – 12/2012) an ALV-Patienten (nach Definition der Acute Liver Failure Study Group) im Ruhrgebiet. Labor-Parameter, demographische Daten, klinischer Verlauf und gesicherte Ätiologien von 299 ALV-Patienten wurden erfasst und statistisch ausgewertet.

Ergebnis: 169 Frauen und 130 Männer (Durchschnittsalter 43,1 ± 17,5 Jahre) erfüllten die Kriterien (International normalized ratio/INR ≥1.5 mit einer hepatischen Enzephalopathie ≥1. Grades). In den ersten vier Wochen nach Diagnosestellung verstarben 46 Patienten, 26 Patienten wurden transplantiert. Häufigste Ursachen waren DILI (70 Fälle), HBV (52 Fälle) und Paracetamol (APAP)-Intoxikation (46 Fälle). Eine Autoimmunhepatitis lag in 34 Fällen dem ALV zugrunde. DILI führte in 9 Fällen zum Tod, 8 Patienten wurden transplantiert. 3 ALV-Patienten mit fulminanter HBV verstarben trotz spezifischer Therapie, 2 Patienten wurden transplantiert, bei APAP-Intoxikation verstarben 2 Patienten, 3 wurden transplantiert. Die schlechteste Prognose hatten ALV-Patienten mit ungeklärter Ursache (56 Fälle). 46,5% der Patienten verstarben und 14,3% wurden transplantiert.

Schlussfolgerung: DILI ist in dieser Studie die häufigste ALV-Ursache, über 20% der DILI-Patienten versterben oder müssen transplantiert werden. Durch eine fulminante HBV, bzw. APAP-Intoxikation verursachtes ALV hat bessere Prognosen. Die schlechteste Prognose haben, vor Allem in Ermangelung an spezifischen Therapieoptionen, ALV mit unklarer Ätiologie. Dies rechtfertigt in einigen Fällen die frühzeitige invasive Diagnostik und erfordert die Etablierung neuer prognostischer Parameter des ALV zur zeitnahen Transplantatallokation.