Zeitschrift für Palliativmedizin 2013; 14(4): 150
DOI: 10.1055/s-0033-1352609
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Buchbesprechung – Handbuch Trauerbegegnung und -begleitung
Theorie und Praxis in Hospizarbeit und Palliative Care

Contributor(s):
Norbert Mucksch
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Publication Date:
30 July 2013 (online)

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Mit diesem Handbuch legen die drei praxiserfahrenen Autoren eine Nachschlagewerk vor, das potentiell dazu beitragen kann, dem bewussten Umgang mit Trauer noch mehr Beachtung zu schenken. Ausgehend von der Vermittlung von fundiertem und klar strukturiertem Grundlagenwissen, das auch die Bereiche „Komplizierte Trauer“ und Selbstsorge der Helfenden nicht ausspart, schlägt das Buch im zweiten Teil ganz konsequent und vor allem sehr hilfreich eine Brücke in die Praxis der Trauerbegegnung und -begleitung.

Und gerade durch die Differenzierung der Begriffe „Begegnung und Begleitung“ machen die Autoren deutlich, wie wichtig das Thema Trauer im palliativen und hospizlichen Denken ist aber eben auch darüber hinaus. Das Buch macht an vielen Stellen immer wieder deutlich, dass Trauer nicht ein „add-on“ zur Sterbebegleitung ist, sondern dass das konkrete und bewusste „In den Blick nehmen“ von trauernden Menschen ein genuines Handeln im Rahmen hospizlicher Grundhaltung ist.

Zugleich zeigt dieses Buch auch – und das ist wohl sein Hauptverdienst – was notwendig ist, damit Menschen gut in eine solche Haltung gelangen können.

Dazu ist in der Tat, wie es die Autoren formulieren, beides wichtig: Reflektiertes Verstehen von Grundlagenwissen als auch selbsterfahrenes und selbstbewusstes sowie der individuellen Situation gut angemessenes Agieren. Um diese Aussage zu konkretisieren lässt das Buch Trauernde selbst zu Wort kommen, beispielsweise durch ein Märchen, das von einer betroffenen Frau während ihres eigenen Trauerprozesses geschriebenen wurde.

Durch dieses Märchen und das klare Benennen grundlegender Haltungsmerkmale (im Hinblick auf die Trauerbegleitung) wird deutlich, dass es eben nicht um machtvolle Helfergesten von Begleitenden geht, sondern um menschliche Begegnungen, die geprägt sind von Wahrnehmung, Achtsamkeit, Mitaushalten, tiefem inneren Verstehen, Geduld und einer geschulten Intuition für den richtigen Augenblick.

Das Buch beeindruckt durch die Betrachtung vieler Einzelfelder (z. B. was Pflegende tun können, Möglichkeiten hausärztlicher Trauerbegleitung) und möchte auch für komplementäre Themen sensibilisieren (z. B. Trauer bei Demenz, Trauer und Spiritualität, Trauer und Rituale).

Bei all dem kann und will dieses Buch nicht die Qualifizierung zum Trauerbegleiter in einer Gruppe ersetzen. Momente der Selbsterfahrung und die Entwicklung der eigenen Intuition lassen sich, dessen sind sich die Autoren bewusst, nicht durch das Lesen eines auch noch so fundierten Fachbuches ersetzen. Nicht ohne Grund wird im hinteren Teil der Veröffentlichung auch auf die Möglichkeiten zur Qualifizierung in Trauerbegleitung hingewiesen. Erwähnenswert im Rahmen dieser Rezension ist das Nachwort „Trauerbegleitung: etwas für mich?“ Es gibt all denen eine Antwort, die vielleicht ein „Handbuch Trauerbegleitung“ kritisch sehen.

Dort heißt es: „Das mit der Trauerbegleitung, das stimmt zwar, aber wir haben irgendwie was anderes gemacht. Wir sind uns begegnet. In und mit meiner Trauer. Aber das versteht man vielleicht erst, wenn man einen Weg zusammen gegangen ist“. Das Handbuch sensibilisiert und schärft den Blick für das Wesentliche in der Trauerbegleitung: Wegbegleitung auf Augenhöhe, ohne dass der Begleitende vorangeht oder antreibt. Als Grundlagenliteratur ist diese Neuerscheinung uneingeschränkt zu empfehlen sowohl für bereits in der Trauerbegegnung und -begleitung tätige Menschen, wie auch für solche, die sich auf eine solche Aufgabe vorbereiten (wollen) und nicht zuletzt für alle im hospizlichen und palliativen Bereich Tätige.

Darüber hinaus sei dieses Buch auch all denen zur Lektüre empfohlen, die als Seelsorger, Psychologen, Sozialarbeiter und Psychotherapeuten in den unterschiedlichen Settings immer wieder auch mit dem Thema Trauer in Berührung kommen.