Zielstellung: Wir berichten über klinische, radiologische und humangenetische Daten eines mittlerweile
3-jährigen kleinwüchsigen Mädchens. Material und Methoden: In der 20. Schwangerschaftswoche (SSW) wurde erstmalig eine Wachstumsretardierung
nachgewiesen. Eine Amniozentese in der 28. SSW ergab einen regulären 46,XX Karyotyp.
Bei zunehmender Wachstumsretardierung wurde in der 36. SSW eine geplante Sectio caesarea
durchgeführt. Das Geburtsgewicht lag bei 1.250 g (–4 SDS), die Länge bei 41 cm (–4
SDS), der Kopfumfang bei 30,5 cm (–3 SDS). Bei der initialen Untersuchung fielen mehrere
Stigmata auf: eine fast geschlossene vordere Fontanelle, tief sitzende, kleine und
dysplastische Ohrmuscheln, ein schmales Gesicht, eine prominente Nase, eine Retromikrognathie
und eingeschlagene Daumen. In der Neonatal- und frühen Säuglingsperiode kam es wiederholt
zu Schwierigkeiten bei der Nahrungsaufnahme, so dass zwischenzeitlich eine Ernährung
über eine Sonde erfolgen musste. Als Diagnose wurden zunächst ein Seckel-Syndrom sowie
ein MOPD II (microcephalic osteodysplastic primordial dwarfism type II) in Betracht
gezogen. Röntgenaufnahmen in der 4. Lebenswoche zeigten hypertransparente Abschlussplatten
der Wirbelkörper sowie schmale Scham- und Sitzbeinknochen. Im Alter von 3 1/12 Jahren
war das Skelettalter deutlich retardiert und dissoziiert nachzuweisen (nach Greulich
& Pyle 9 bis 18 Monate). Zu diesem Zeitpunkt lagen das Körpergewicht bei 5,0 kg, die
Körperlänge bei 70 cm (–5,9 SDS), der BMI bei 10,2 kg/m2 (–6,1 SDS). Bei der sonographischen Untersuchung fanden sich bds. fehlende Patellae.
Die mentale und statomotorische Entwicklung des Kindes zeigte keine Defizite. Bicknell
et coll. (MRC Institute of Genetics and Molecular Medicine, University of Edinburgh,
United Kingdom) führten eine Sequenzierung mit Nachweis einer Mutation des ORC1 (Origin
Recognition Complex 1)-Gens (c.2215C>T, p.Arg666Trp) durch. Mit dieser gelang die
Diagnosestellung Meier-Gorlin Syndrom Typ 1 (MIM 224 690). Ziel und Lerneffekt: Das Meier-Gorlin Syndrom (MGS) gehört zu den seltenen Erkrankungen. Mutationen des
Origin Recognition Complex (ORC) führen zur Erkrankung. Es werden die typischen klinischen
und radiologischen Befunde des MGS Typ 1 an einem aktuellen Fall diskutiert. Schlüsselwörter: Meier-Gorlin Syndrom Typ 1, ORC1, Minderwuchs, Aplasia patellae