Suchttherapie 2013; 14 - P2
DOI: 10.1055/s-0033-1351608

Geringere Volumen der basolateralen Amygdala bei Amphetaminkonsumenten: Prädispostion oder Folge des Konsums?

B Becker 1, R Hurlemann 2, P Köster 3, D Wagner 3, J Daumann 3
  • 1Universitätsklinik Bonn, Klinik für Psychiatrie
  • 2Universitätsklinik Bonn, Klinik für Psychiatrie, NEMO Research Group
  • 3Universitätsklinik Köln, Klinik für Psychiatrie

Einleitung: Der Konsum von Amphetaminartigen Stimulatien (ATS) ist unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen weit verbreitet. Bei einem Teil der Gelegenheitskonsumenten kommt es langfristig zur Entwicklung problematischer Konsummuster mit chronischem Gebrauch bis hin zur Abhängigkeitsentwicklung. In mehreren Querschnittstudien wurde der chronische Konsum mit hirnstrukturellen Auffälligkeiten in Zusammenhang gebracht. Chronische Konsumenten zeigten dabei mit hoher Konsistenz reduzierte Volumen in präfrontalen und limbischen Regionen. Aufgrund des retrospektiven Designs dieser Studien bleibt jedoch unklar, ob es sich bei den beobachteten Auffälligkeiten um Folgewirkungen des Konsums oder prädisponierende Vulnerabilitätsmarker handelt. Ziel der hier vorgestellten Studie war es daher hirnstrukturelle Vulnerabilitätsmarker in einem prospektiven Längsschnittdesign zu untersuchen.

Methode: Insgesamt wurden 42 ATS Gelegenheitskonsumenten (< 10 ATS Einnahmen bei Studieneinschluss) zweimalig im Abstand von 12 Monaten untersucht. Beim ersten Messzeitpunkt wurde ein struktureller MRT Datensatz, eine detaillierte Drogenanamnese sowie eine Reihe potentieller Störvariablen (Konsum legaler Substanzen, IQ, demographische Daten, psychopathologische Belastung) erhoben. Nach einem Intervall von 12 Monaten wurden die Drogenanamnese und Störvariablen erneut erhoben. Für die Analyse wurden die folgenden Gruppen gebildet: (1) Probanden mit einem regelmäßigen ATS Konsum im Follow-up Intervall (> 7 Einnahmen, n = 16). (2) Probanden welche den Konsum von ATS nach dem ersten Messzeitpunkt eingestellt hatten (Einnahme, n = 14). Volumetrische Unterschiede der grauen Substanz wurden mittels einer voxel-basierten Morphometrie (VBM) Analyse in SPM8 untersucht. Basierend auf vorhergehenden Studien wurde die Analyse apriori auf die Amygdala als region-of-interest (ROI) eingeschränkt.

Diskussion/Ergebnisse: Probanden welche im follow-up Intervall einen regelmäßigen Konsum entwickelten zeigten bereits zum ersten Messzeitpunkt ein signifikant geringeres Volumen in der rechten und linken Amygdala (T> 3,55, FWE-korrigiert). Mittels probabilistischer Karten konnten die Volumenreduktionen dem Basolateralen Kern zugeordnet werden.

Schlussfolgerung: Durch das prospektive longitudinale Design konnten erstmalig hirnstrukturelle Auffälligkeiten bei ATS Konsumenten vor Entwicklung eines regelmäßigen Konsums erfasst werden. Die Volumenreduktionen der Basolateralen Amygdala können im Sinne hirnstruktureller Vulnerabilitätsmarker für die Entwicklung problematischer ATS Konsummuster interpretiert werden.